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Tantshoys

Heimspiel


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Osteuropas Klangtradition lebt

Der Verein Tănase & Gebirtig

Erstes Festival im Dezember

Einst die Kultur von Millionen Menschen, geriet Klezmer nach dem Völkermord an den Juden fast in Vergessenheit. Jetzt macht sich der neue Berliner Verein Tănase & Gebirtig daran, die jiddische Kultur ausgerechnet von Deutschland aus wieder in die Welt zu tragen.

Text: Erik Prochnow

Es ist ein Fest. Wenn Till Schumann mit seinem Tănase & Gebirtig e. V. zum Tantshoys, zu Deutsch „Tanzhaus“, in die Berliner Villa Neukölln einlädt, drängeln sich unzählige Musiker der Region auf der Bühne und Jung und Alt tanzen leidenschaftlich auf dem überfüllten Parkett des ehemaligen Kinosaals. Mit dem Ball lässt Schumann die jüdische Kultur des Klezmer und dessen Sprache Jiddisch aufleben. „Ziel unserer gemeinnützigen Initiative ist es, kulturelle Brücken zu bauen“, sagt der Musikkenner, der vor über zwanzig Jahren das Berliner Label Oriente Musik gründete.
Alles begann im November 2013 in der Neuköllner Bar Oblomov. Da veranstalteten der international renommierte dänische Klarinettist Emil Goldschmidt, der lettische Akkordeonspieler Ilya Shneyveys und der Schlagzeuger Hampus Melin aus Freude an der jiddischen Musik ihre erste Klezmer-Jamsession zum Mitspielen, Tanzen und Zuhören. Schumann war einer der ersten Gäste der bis heute nahezu einmal im Monat stattfindenden Sessions des Trio Oblomov. „Es gab bislang viele magische Momente, obwohl Profis und Amateure ganz unterschiedlicher Stilrichtungen hier aufeinandertreffen“, schwärmt der Sechsundsechzigjährige.

Heimliche Hauptstadt des Klezmer

Seine Begeisterung war so groß, dass er die kostenlosen Jamsessions des Trios schon bald in größerem Maßstab unterstützen wollte, um die jiddische Volksmusiktradition zu fördern. Schumann: „Es kamen sehr schnell immer mehr Besucher, die tanzen wollten, sodass das Oblomov bald zu klein wurde.“ Klezmer und die jiddische Sprache repräsentierten vor dem Zweiten Weltkrieg vor allem die Kultur der Juden Osteuropas und des Balkans. Durch die Verfolgung der Nationalsozialisten starb diese Tradition fast aus, denn auch in dem neu gegründeten Staat Israel war die jiddische Kultur zunächst nicht willkommen, da sie zu sehr an den Holocaust erinnerte. „Es besuchten viele junge Israelis die Jamsessions und fragten, ob das die Musik sei, die in ihrem Land als rückwärtsgewandt gelte und nicht mehr aufgeführt wird“, berichtet Schumann. Für den leidenschaftlichen Musikexperten war daher klar, dass etwas getan werden musste. Mit seinem Label Oriente, das sich vor allem mit jüdischer Musik international einen Namen gemacht hat, verfügte Schumann über eine ausgezeichnete Möglichkeit, die jiddische Kultur zu beleben.

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