Aktuelles Album:
1958 (Nø Førmat/Tôt ou tard, 2019)
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Blick BassyPersönlich und politisch
Das Cover seines neuen Albums 1958 ziert ein Porträt im Profil. Auf Blick Bassys Kopf steht wie ein Monument ein Mann mit erhobener Faust. Es ist Ruben Um Nyobe. Der Freiheitskämpfer für die Kameruner Unabhängigkeit wurde am 13. September 1958 von der französischen Kolonialarmee hingerichtet. Ihm hat Bassy sein viertes Album gewidmet. „Als Kameruner und Afrikaner fragte ich mich, wer ich eigentlich bin. Ich wollte die Vergangenheit meines Landes begreifen und sehen, wo wir heute stehen.“
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Text: Martina Zimmermann
Er habe von seinem Großvater sehr spät erfahren, dass dieser sich fast zwei Jahre im Wald versteckt hatte, weil er auf der Seite des Helden stand. Später noch hatte der Opa Angst vor Verfolgung, denn in den Schulbüchern galt Um Nyobe als Terrorist. Denn auch im unabhängigen Kamerun wurde der Freiheitskämpfer von den „von Frankreich eingesetzten“ Machthabern nicht geschätzt, so Bassy: „Darunter Paul Biya, der bis heute regiert.“ Der 86-jährige Biya ist seit 1982 Präsident.
Weil im Land der Bassa, der Ethnie von Blick Bassy, Um Nyobe heimlich gefeiert wurde, begann der Musiker, sich für den Widerstandskämpfer und die Vergangenheit zu interessieren. Auf 1958 besingt er dessen Kampf und wie nach der Unabhängigkeit sein moralisches Erbe vergessen wurde. „Dass ich im Ausland lebe, lässt mich Innen und Außen sehen. Im Ausland zu leben, erlaubte mir, diese Geschichte in Ruhe auszugraben.“ Außerdem würden in Kamerun Oppositionelle und Sänger eingesperrt.
Der 45-jährige Blick Bassy präsentiert mit 1958 sein persönlichstes akustisches Album, mit den Rhythmen seiner Heimat, mit Soul, Blues und einem sehr diskreten Elektro-Touch. „Ich kenne keine Grenzen. Ich bin ein Afrikaner, der in Frankreich lebt und mit Elektro, Jazz et cetera arbeitet.“ Heute traue er sich auch, seine Stimme in allen Klangfarben zu nutzen. Als Begleitung wählte er Violoncello, Bläser und Synthesizer. „Afrika ist modern und zeitgenössisch.“
Blick Bassy wurde in Jaunde geboren, der Hauptstadt Kameruns. Sein Vater, Gouverneur und Polizeikommissar, hätte seinen Sohn ebenfalls gerne in einer Uniform gesehen. Nach dem Abitur sollte er in Frankreich oder Amerika studieren. Doch Blick Bassy weigerte sich. Er wollte Musik machen, und zwar in Kamerun. Für den Vater war er „verhext“. „Er bat sogar einen Exorzisten um Hilfe, vergebens.“
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