Aktuelles Album: BooCheeMish (mit Lisa Gerrard; Prophecy/Soulfood, 2018)
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The Mystery of the Bulgarian Voices & Lisa GerrardChor trifft Ikone
Hier ein bulgarischer Frauenchor, der seit den Fünfzigern Geschichte geschrieben hat – dort eine australische Wave-Diva, die seit dreißig Jahren Fans aus der Gothic-Szene und der Weltmusik gleichermaßen fasziniert. Quadratur des Kreises? Oder vielleicht sogar eine Traumhochzeit?
Text: Stefan Franzen
The Mystery of the Bulgarian Voices treffen auf Lisa Gerrard von Dead Can Dance. Das klingt genauso unwirklich und fantastisch wie BooCheeMish, der Name des Albums, das die Chorfrauen aus Sofia mit Gerrards Unterstützung eingespielt haben. „Der Geist des ganzen Albums ist dynamisch, offen, groovy“, so Produzentin Boyana Bounkova. „Unsere Musik und unsere Kultur kommunizieren darauf mit anderen Kulturen und Musikstilen anderer Kontinente. Ein Ausdruck von Freiheit.“
Gerade Freiheit war nicht unbedingt das, was immer gegeben war während der Historie des Chors. Wie in vielen anderen Bruderstaaten wurde seine Musik seit der Gründung 1952 in den Dienst der sozialistischen Ideologie gestellt. Allerdings wurden die archaischen Lieder der Dörfer zugleich kunstvoll arrangiert. Als der Schweizer Weltenbummler Marcel Cellier 1975 seine Aufnahmen mit dem Radiochor unter dem Namen „Le Mystère des Voix Bulgares“ auf eine Scheibe presste, bescherte das den Frauen weltweiten Durchbruch. In den Achtzigern lizensierte das britische Wave-Label 4AD die Musik, dort war auch Lisa Gerrards Band Dead Can Dance beheimatet. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks privatisierte sich ein Teil des Chores als Bulgarian Voices Angelite, der andere trug weiterhin das „Mystère“-Prädikat im Namen, geriet jedoch in Vergessenheit. Bis sie mit dem jungen Komponisten Petar Dundakov 2015 das stilistische Konzept änderten. Dundakov hat sowohl Klassik- als auch Rock-Erfahrung; den clever modernisierten Stücken auf BooCheeMish hört man das an.
Lisa Gerrard, die im fernen Australien bei rund der Hälfte der Titel ihre Stimmgewalt beisteuerte, trägt ebenfalls zum neuen Anstrich bei. Erst nach den Aufnahmen kam die Dead-Can-Dance-Sängerin für gemeinsame Konzerte mit den Bulgarinnen nach Europa – und erlebte eine Feuertaufe. „Die Intervallreibungen sind wirklich erstaunlich“, sagt Gerrard. „Mir ist es ein Rätsel, wie sie die Tonhöhen halten können. Diese Stimmen sind wie Dudelsäcke! Wenn ich anfange, in Synkopen zu ihren Stimmen zu singen, dann ist das richtig tricky. Es gibt ein paar Songs, die mich schier verrückt machen!“
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