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Gefeierte Reproduktion Caetano Veloso & SöhneTempodrom, Berlin, 25.6.2019
Text: Katrin Wilke
Die drei großen, fast gleich alten Barden Brasiliens gaben sich die Klinke in die Hand. Kurz vor dem leider arg angeschlagenen Milton Nascimento und dem noch recht elanvollen Gilberto Gil beim Wassermusikfestival 2019 trat dessen Tropicalismo-Komplize, Caetano Veloso, zum ersten Mal seit 1994 wieder in Berlin auf. Damals wie heute im Tempodrom; seinerzeit noch im hippiesken Konzertzelt im Tiergarten, das 2001 andernorts als eher aseptische Riesenhalle für Megaevents neu auferstand.
Die daher rührende anfängliche Skepsis verlor sich flugs an jenem familiär-beseelten Konzertabend im komplett bestuhlten gigantischen Auditorium. Der Senior und seine drei Söhne Moreno, Zeca und Tom Veloso feierten genüsslich-entspannt das Repertoire ihres gemeinsamen Livealbums Ofertório, Caetano Velosos 46. Veröffentlichung. Der parlierte munter bei dieser, wie er schmunzelnd sagte, „celebration of the reproduction“ in lockerem Englisch, das er spätestens seit seinen Londoner Exiljahren zu Militärdiktaturzeiten beherrschen dürfte. Die Plaudereinlagen wie auch das entspannt-warmherzige, klanglich zutiefst harmonische Miteinander gaben einem das Gefühl, in einer gemütlichen Musikkneipe zu sein.
Zwischen den (afro-)brasilianisch-jazzig gespeisten Stücken, dargeboten von den vor allem Gitarre spielenden und singenden Velosos in ständig wechselnden Konstellationen, bekam man also amüsante, zum Teil persönliche Familienanekdoten kredenzt. Beispielsweise über Dona Canô – der 2012 mit 105 Jahren verstorbenen Mutter Caetanos und seiner ebenfalls sehr populären Schwester Maria Bethânia ist das Titelstück des Albums zugedacht. Vor allem aber ging es, in hörbar väterlich stolzem Ton, um die Söhne. Ihnen räumte Caetano musikalisch viel Raum ein und nahm sich vereinzelt auch ganz zurück. Alle seine Söhne sind mit Gesangsstimmen gesegnet, die in ihrer Anmutung und der teils atemberaubenden Höhe der des Vaters ähneln. Außer an der Gitarre brillierten der zurückhaltendere Zeca am Keyboard und der durch eigene Projekte bekannte Moreno aus Velosos erster Ehe auch an Pandeiro und anderer Percussion, wie einem meisterhaft auf einen Teller geklopften Messer. Dass Tom, der Jüngste, angeblich nicht so gerne singt, war bei seinen ebenso exzellenten Soli kaum vorstellbar.
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