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Mahogany HallBerns Musikclub mit eigenem Bärenpark
Bern darf zu Recht stolz sein auf seine Musikszene. Keine andere Schweizer Stadt hat derart viele Liedermacher und Rockbands mit nationaler Bedeutung hervorgebracht. Eine wichtige Rolle dabei spielt seit über fünfzig Jahren die Mahogany Hall. Viele der bekanntesten Größen, angefangen von Mani Matter bis zu Stiller Has, sind in dem historischen Gebäude aufgetreten. Der Ort ist auch eine Augenweide. Die New York Times bezeichnete den Club als „Must-see“ in Bern.
Text: Martin Steiner
Auf ihrem Programmflyer stellen die Veranstalter ihre Lokalität als „Berns erster Musicclub mit eigenem Bärenpark“ vor. Die erste geschichtliche Überlieferung einer Bärenanlage beim Käfigturm datiert aus dem Jahr 1441. Rund vierhundert Jahre später, 1857, wurde der „Bärengraben“ neben dem schmucken Riegelhaus des späteren Musikclubs fertiggestellt. Dieser ist nicht ganz so alt wie die Anlage für Meister Petz. 2018 feierte der Club stolz sein fünfzigjähriges Jubiläum. Vielleicht müsste es besser heißen: „Berns Bärenpark mit eigenem Musicclub“. Wie auch immer, wer Musikschaffenden Jahr für Jahr über hundert Auftrittsmöglichkeiten verschafft, verdient Applaus. Und Berührungspunkte für die beiden Anlagen gibt es sehr wohl: Beide mussten bedürfnisgerecht umgebaut und restauriert werden. Der Bärengraben, Berns größter Tourismusmagnet, war Tierschützern seit Langem ein Dorn im Auge. Bären als Ausstellobjekte, die im tiefen Graben ihre Kreise zogen, widersprachen der modernen Tierhaltung. 2009 wurde deshalb ein neuer, bärenfreundlicher Park für Berns Wappentier eröffnet. Die denkmalgeschützte Mahogany Hall gleich nebenan erhielt 2011 neue technische Anlagen und einen neuen Konzertflügel, um den gestiegenen akustischen Ansprüchen des Publikums gerecht zu werden. Zudem wurde eine aufwendige Geräuschdämmung installiert, da Anwohner sich über Musiklärm beklagt hatten. Ob es sich bei den Klägern um die nächsten Nachbarn, die Bären, gehandelt hat, gaben die Behörden nicht preis.
New Orleans in Bern
Der Name des Clubs leitet sich von Lulu White’s Mahogany Hall ab, einem Bordell in New Orleans. Ende der Vierzigerjahre versuchten dort Jazzmusiker, das alte Clubgebäude vor dem Abbruch zu retten. Resultat davon ist der „Mahogany Hall Stomp“ von Spencer Williams. Der Jazzklassiker stand mit seinem Namen Pate, als der Berner Longstreet Jazzclub am 6. Dezember 1968 sein Konzertlokal eröffnete. Wer dabei sein wollte, zahlte umgerechnet zwei Euro Eintritt, Mitglieder zahlten die Hälfte.
1971 wurde in der Mahogany Hall der Folkclub gegründet. Das Wirken des Vorstands beschränkte sich zur Zeit des Folkbooms nicht nur auf das Konzertlokal. Ein Jahr später stellten Exponenten des British & American Folksong Club Zürich zusammen mit Chita Fricker, Initiant des Berner Folkclubs, auf der aargauischen Lenzburg das wohl bekannteste Schweizer Folkfestival auf die Beine. Fünf Jahre später, 1977, ließen dann Vorstandsmitglieder der Mahogany Hall auf dem Berner Hausberg Gurten das erste Folkfestival steigen, das neben lokalen Größen die internationalen Stars der Szene nach Bern brachte.
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