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Christine Reumschüssel und Gina Pietsch * Foto: Thomas Neumann

Ortstermin


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Kümmer-Lieder

Gina Pietsch singt Brecht

Zimmer 16, Berlin, 25.2.2016



Text: Stephan Göritz

Er pries in einem Kinderlied den Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, und plädierte dennoch dafür, die Regierung möge sich, wenn sie mit dem Volk unzufrieden sei, besser „ein anderes Volk wählen“. Bertolt Brechts Verhältnis zur DDR war nie einfach, und eindeutig war es schon gar nicht. Nachdem Gina Pietsch bereits achtzehn Brecht-Programme gestaltet hat – etwa über Brecht als Verjagten oder als Naturlyriker –, widmete sie sich jetzt den Problemen, die er mit dem Staat hatte, in dem er seine letzten Lebensjahre verbrachte und seine größten Theatertriumphe feierte. Bekannte und unbekanntere Lieder setzte sie in Beziehung zu den Kämpfen hinter den Kulissen des Theater- und Politikbetriebes. Engstirnige Funktionäre konnten Brecht vorübergehend empören, er habe es aber, zitierte ihn Gina Pietsch, „erfrischend“ gefunden, als anlässlich seines Opernlibrettos Die Verurteilung des Lukullus „eine ganze Regierung über Kunst diskutierte“. Vielleicht fühlte er sich tatsächlich nur ernst genommen, wenn man sich mit Widerspruch um ihn kümmerte. Sein Text sei pazifistisch und Paul Dessaus Musik formalistisch, hatten die Oberen befunden und lange versucht, eine Aufführung zu verhindern. Schließlich konnten Dichter und Komponist mit wenigen Zugeständnissen, die den Kern der Aussage nicht berührten, ihr Stück durchsetzen. Anders endete die Diskussion um Brechts Text für eine ebenfalls von Dessau komponierte Kantate zu den III. Weltfestspielen 1951. Erich Honecker, damals Vorsitzender der DDR-Jugendorganisation FDJ, verwahrte sich dagegen, dass darin der aufmüpfige Sänger Ernst Busch erwähnt wurde. Brecht konterte selbstbewusst, er könne hier so wenig auf den Busch verzichten wie Meister Goethe in „Füllest wieder Busch und Tal“. Das war witzig, nützte aber nichts: Die Kantate, geschaffen zum Lob der DDR, wurde von deren Führung abgesetzt.

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