Albumtipp:
Schlagsaite, Vom Mond (2018))
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Maqam und Blue NoteArab Song Jam in der Berliner Werkstatt der KulturenZwischen Musikerlaboratorium und Familienfest
Jamsessions können auch jenseits des Jazz glücken, wenn die richtigen, gut vernetzten Musiker mit der nötigen Sachkenntnis und Freiheitsliebe bei dieser Art des vor allem gemeinsamen Improvisierens im Spiel sind. Wie wunderbar Künstler und Publikum – beide mehrheitlich Migranten – unter einen Hut kommen können, ist seit März 2017 in der Berliner Werkstatt der Kulturen zu erleben.
Text: Katrin Wilke
Die mittlerweile zweimal im Monat stets vor vollem Haus veranstaltete Konzertreihe erweist sich heute als Geniestreich und entsprang einem Unfall. Für den kurzfristig abgesagten Auftritt eines irakischen Künstlers innerhalb der Freitagsreihe „World Wide Music“ musste schnellstens Ersatz her. Von zwei Flüchtlingsunterkünften war die Anfrage gestellt worden, ob sich deren Bewohner an jenem Abend zum Konzert einfinden könnten. „Über einhundert Leute warteten schon anderthalb Stunden vor Beginn im Foyer“, erinnert sich zwei Jahre später die noch immer sichtlich gerührte Geschäftsführerin und künstlerische Leiterin Philippa Ebéné.
Heimatgefühl nach Noten
Als dann im Club im Souterrain der Neuköllner Wissmannstraße der spontan eingesprungene, in Berlin lebende Sänger Nasser Kilada aus Ägypten den Anwesenden sein Repertoire zu Gehör brachte, „sang und tanzte das Publikum im brechend vollen Keller von der ersten Liedzeile an mit“, schwärmt die Werkstatt-der-Kulturen-Chefin, die sich damals an den Esprit von Jamsessions erinnert fühlte. „Da schöpfen die Musiker mühelos aus einem gemeinsamen Fundus an Standards. Und ich wusste, das muss eine Reihe werden, bei der die Besucher nicht unbedingt wissen, wer jeweils auftritt, aber trotzdem ziemlich sicher ist, dass jeder die Lieder kennt, wenngleich sie neu und verändert interpretiert werden – je nachdem welche Berliner Musiker spielen.“
Berliner Araber aller Länder, vereinigt euch!
Es war leicht, für eine solch regelmäßige, aus einem Konzert- und einem Improvisationsteil bestehende Session die richtigen Leute zu finden. Unter den Neu-Berlinern allein aus Syrien gibt es exzellente Musiker wie den Udspieler Wassim Mukdad, der einer der beiden aktuellen Zeremonienmeister der Arab Song Jam ist. Der studierte Mediziner ist gebürtiger Leipziger, kehrte aber als Kleinkind mit den Eltern in deren Heimatland zurück. Die Biografie des Kollegen, mit dem er sich bei der Jam abwechselt, ist ebenfalls mit Deutschland verbunden. Alaa Zouiten spielt auch Ud und studierte vor seiner Ankunft in Berlin in Erfurt und Weimar, unter anderem Musikwissenschaft im Bereich transkulturelle Musikforschung.
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