Albumtipp:
Westerwald Pipers, Crossover (Eigenverlag, 2016)
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Unsere StimmeFünfzig Jahre TrikontDas älteste Indielabel Deutschlands feiert Jubiläum
Trikont aus München begann als linksradikaler Verlag und präsentiert heute die Reihe Stimmen Bayerns und natürlich vieles mehr.
Text: Christian Rath
Der Trikont-Verlag wurde 1967 gegründet, „in einer Zeit, in der der Wunsch nach einem anderen Leben, nach freier Öffentlichkeit und Veränderung bei vielen immer drängender wurde“, so die heutige Selbstdarstellung. Ganz so harmlos-suchend war es aber nicht, wie das zum Jubiläum erschienene Buch Die Trikont-Story (siehe Besprechung Seite 70) beschreibt.
Der Verlag entstand im Umfeld des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS), zunächst in Köln, ab 1968 in München. Dort stieß auch Achim Bergmann, der spätere Labelchef, zum Trikont-Kollektiv. Der Begriff „Trikont“ stand für die Solidarität mit den drei Kontinenten Afrika, Asien und Lateinamerika. Man veröffentlichte Bücher von Che Guevara und die sogenannte Mao-Bibel. Erst ab 1970 gab es auch Musik. Das Label bekam den Titel „Trikont – Unsere Stimme“.
Für Arbeiter und Regionalismus
Zu dieser Zeit war der Verlag eng verbunden mit der Münchener Gruppe Arbeitersache. Diese agitierte Arbeiter, insbesondere bei BMW. Zugang hatte man vor allem zu den damals so genannten Gastarbeitern aus Italien und der Türkei. Die Arbeitersache war stark beeinflusst von der italienischen operaistischen Bewegung, insbesondere der Gruppe Lotta Continua und ihren militanten Kämpfen gegen die Fabrikarbeit. Später gab es bei der Arbeitersache auch gewisse Sympathien für die Terrorgruppe Bewegung 2. Juni. Bei Trikont erschien 1975 die Autobiografie des 2.-Juni-Mitbegründers Bommi Baumann Wie alles anfing, was lange Gerichtsprozesse nach sich zog, obwohl Baumann sich vom bewaffneten Kampf losgesagt hatte.
Mitte der Siebzigerjahre wandte sich Trikont regionalistischen Bewegungen in Europa und der aufkommenden Ökobewegung zu. Es ging jetzt um den Kampf der Peripherie gegen die Großprojekte der Zentrale. Konservativ zu sein, war kein Schimpfwort mehr – solange man nicht rechts war.
1980 trennten sich Verlag und Label. Der Verlag machte unter dem Namen Trikont-Dianus weiter, produzierte esoterische Bücher und ging 1986 pleite. Das Label Trikont aber gibt es bis heute. 1989 stieg die Journalistin Eva Mair-Holmes mit ein, seit 1990 sind sie und Bergmann ein Paar, „Herr und Frau Trikont“. Bis heute überraschen sie die Welt mit immer neuen Künstlerentdeckungen und liebevoll gestalteten Kompilationen. „Wir suchen den Klang hinter den Tönen, die Geschichte hinter der Fassade und die Energie und Entschlossenheit hinter jeder unserer Veröffentlichungen“, so die heutige, recht vage Hausphilosophie.
... mehr im Heft. |
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