|
Mantra-Mitsing-EventsZwischen Singkreis und Großkonzert
Als in den Siebzigerjahren die ersten Krishna-Jünger Mantras singend durch deutsche Fußgängerzonen zogen, galten sie noch als gestörte Spinner oder gefährliche Jugendsektierer. Heute gibt es vielerorts Mantrasingkreise und Stars der Mantraszene füllen mit Chanting-Events große Hallen.
Text: Yogendra
Egal ob Singkreis, Konzertsetting oder irgendetwas dazwischen – der Ablauf beim Mantrasingen 2019 in Mitteleuropa ist im Kern meist ähnlich. Nach einem Moment der Stille, einer kleinen Meditation oder einem gemeinsamen Om stimmen die Leiter oder die Band eine eingängige Melodie mit einfachem Text an und die Besucher wiederholen sie. Es geht einige Male hin und her, dann kommt eine zweite Zeile, später vielleicht eine dritte und vierte, dann geht es wieder von vorne los. Kreisförmig wiederholen sich Melodien und Worte, manchmal leicht variiert oder in Tempo und Intensität gesteigert. Dabei verschwindet die Trennung zwischen Performern und Publikum: Alle singen mit und tragen mit ihrem Engagement zum Geschehen bei. So entsteht eine hypnotische Wirkung, der Atem vertieft sich, der Körper pulsiert, die Alltagsgedanken verfliegen, die Zeit scheint stillzustehen. Und wenn ein Mantra ausgesungen ist, beginnt die nächste Runde mit dem nächsten Mantra.
Inklusion statt Exklusivität
Mantrasingen als Call-and-Response, in Indien Kirtan genannt, geht als spiritueller Übungsweg auf Chaitanya Mahaprabhu zurück. Der sang im sechzehnten Jahrhundert auf Straßen und Plätzen die heilig-magischen Mantrasilben, die vorher nur Kasten-Hindus in den Mund nehmen durften. Auch Muslime und Unberührbare waren dazu eingeladen. Chaitanyas Idee von Inklusion war revolutionär und hat bis heute nichts von ihrer Kraft eingebüßt. Beim Mantrasingen muss niemand Noten lesen, Töne treffen oder den Rhythmus halten können. Auch vermeintlich unmusikalische Menschen können mitmachen, ihr Herz öffnen und sich freisingen. So finden viele Teilnehmer im Chanten tiefe Entspannung, inneren Frieden, Heilung und ihren ganz eigenen Weg.
... mehr im Heft. |
|