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Bardentreffen 2013, Felix Meyer * Foto: Michael Pohl

Heimspiel


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Ein Erfolg, der seinesgleichen sucht

Vierzigstes Bardentreffen in Nürnberg

„Wo man singet, lass dich ruhig nieder“

50 v. Chr. flüchtete der gewöhnliche Dorfbewohner noch, wenn einer wie Troubadix anhob zu singen. „Leute, nehmt eure Wäsche weg, schließt die Gartentür zu: Musikanten sind in der Stadt!“, sang Rheinard Mey zu Beginn seiner Karriere. Wir befinden uns im Jahr 2015. Vieles ist vom Mainstream besetzt. Aber alles? Nein! Einige unbeugsame Kulturschaffende hören nicht auf, ihm Widerstand zu leisten. Statt die Barden mit ihren kritischen Tönen auf die Bäume zu verbannen, lädt die Stadt Nürnberg sie zum vierzigsten Mal mitten auf den Hauptmarkt in ihre mittelalterlichen Mauern. Und die Bewohner machen sich nicht aus dem Staub, sondern eilen Jahr für Jahr in Scharen herbei – weit und breit kein Automatix, der den Barden das Handwerk legt.

Text: Stefan Sell

Wenn in Bayern Ende Juli die Sommerferien beginnen, feiern am Wochenende darauf zweihunderttausend Menschen bei meist sommerlichen Temperaturen und freiem Eintritt das außergewöhnliche Musikfestival. Moderator der ersten Stunde war der heute „herbstblonde“ Thomas Gottschalk. Klaus Lage und Heinz Rudolf Kunze gaben hier ihren Einstand, Wader, Wecker, Mey und Co. traten hier auf, Wolf Biermann war, so sagte er damals, „auf ein regelrechtes Konzert gar nicht vorbereitet“. Er hatte sich durch den Namen „Bardentreffen“ täuschen lassen und erwartet, als Dozent bei einem Songschreiberworkshop zu fungieren. So war er einigermaßen überrascht, vor einem großen Publikum zu singen.

Festival mit Modellcharakter

Die Veranstaltung verleiht kritischen Stimmen abseits von dem, was alle machen, Gehör, zum Beispiel der jungen Cynthia Nikschas (siehe auch Beitrag auf Seite 19 in dieser Ausgabe). Das hat Modellcharakter, Vorbildfunktion, dem Bardentreffen gelingt, was heute kaum mehr einer versucht. Die Nürnberger wagen voranzugehen, laden die ein, die heute noch Geheimtipp sind, und profitieren davon, dass diese Künstler bezahlbar sind, weil sie erst dabei sind, sich ein Publikum zu erspielen. Das ist Konzept, aber auch eine Geldfrage. „Wir können Steuermittel nicht beliebig für Popstars ausgeben, wir haben genügend Probleme in Städten und Gemeinden, wo die Gelder anders dringend gebraucht werden. Wir gehen das Bardentreffen mit einem sensationell niedrigen Etat an, wo viele fragen, wie wir das überhaupt machen. Aber genau wegen unseres Konzepts akzeptieren die Künstler auch unsere Rahmenbedingungen“, so Charly Fischer, der langjährige Programmchef.
Die Musik abseits des Massengeschmacks trifft genau den Nerv der Besucher, was der landläufigen Meinung widerspricht, man müsse den Leuten Mainstream bieten, sonst käme keiner. Das Wagnis, etwas zu präsentieren, was einem wirklich am Herzen liegt, verbunden mit dem Vertrauen auf einen langen Atem als beste Garantie für gutes Gelingen, reizt die Veranstalter seit Jahrzehnten. Kaum dass Jim Jarmusch in seinem für ihn finanziell erfolglosen Film Only Lovers Left Alive die wunderbare Yasmine Hamdan featurte, gab Nürnberg ihr im vergangenen Jahr eine Open-Air-Bühne – die Leute waren begeistert. Und das Dubiosa Kolektiv durfte den Tanzwütigen einheizen, als anderswo Bürgerruh herrschte.
Angefangen hat alles 1976 mit einem Amateurfestival, auf dem jeder, der etwas zu singen und zu sagen hatte, willkommen war. Mit den Jahren wechselten die Veranstalter zu professionellen Musikern, beschränkten das Programm nicht nur auf deutschsprachige Liedermacher, schufen themenorientierte Treffen, setzten Länderschwerpunkte. Charly Fischer, selbst Musiker und Musikethnologe, war einer der ersten Mitorganisatoren. 1986 wurde ihm ein Platz im Kulturamt eingeräumt. Fischer wurde Fachmann für feinspüriges Booking, baute ein großartiges Netzwerk auf, vermittelte, betreute, trug Fürsorge für alles und jeden. Im letzten Jahr wurde er sechzig Jahre alt, dreißig davon war er mit seinen Mitarbeitern verantwortlich für das Programm, blieb aber immer Teamplayer und war trotz bevorstehendem Jubiläum bereit, den Staffelstab an einen Jüngeren aus seinen Reihen weiterzugeben. Rainer Pirzkall leitet jetzt das Team. Bei aller Modernität, bei allem Zeitgeist und aller Aufgeschlossenheit gegenüber jeder Stilistik steckt viel Handarbeit im Festival, handgemacht ist meist auch die Musik, die hier gespielt wird.

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Vierzig Jahre Bardentreffen (Festivalleiter Rainer Pirzkall 2. v. l.) * Foto: Uwe Niklas
Vierzig Jahre Bardentreffen (Festivalleiter Rainer Pirzkall 2. v. l.) * Foto: Uwe Niklas