Aktuelles Album:
Nashville Sound (Southeastern Records/Al!ve, 2017)
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Jason IsbellFrischer Wind im Country
Ende der Fünfzigerjahre verliert die Countrymusik ihr Publikum an Elvis Presley und den Rock ’nʼ Roll. Marktanteile zurückerobern
kann der Nashville Sound, eine Stilform, die sich üppiger Streicherarrangements, raffiniertem Backgroundgesang und geschmeidiger Beats bedient. Derzeit erlebt Nashvilles Countrygemeinde eine ähnliche Gegenbewegung, weg von der kalkulierten Formatradiotauglichkeit, prominent verkörpert durch Taylor Swift, hin zu etwas mehr Rebellion. Neben Sturgill Simpson und Margo Price ist es Jason Isbell, der für frischen Wind sorgt. Sein jüngstes Album nannte der 38-Jährige Nashville Sound, um den „Begriff zu besetzen. Nicht, dass jemand von den radiotauglichen Kolleginnen und Kollegen auf die Idee kommt.“
Text: Bernd Gürtler
Noch zu Beginn der Nullerjahre war Nashville, Tennessee, ein verschlafenes Nest. Das einzige höhere Gebäude damals war der Firmensitz des Telekomgiganten AT & T und wurde von den Einheimischen wegen bestimmter architektonischer Besonderheiten „Batman Building“ genannt. Heute präsentiert sich die Welthauptstadt des Country als pulsierende Südstaatenmetropole mit einer mehr als imposanten Skyline, einem lärmenden Vergnügungsviertel am unteren Ende des Broadway und mit den Kehrseiten jeder anderen Großstadt, beispielsweise dass sich der Einzelne sehr schnell verloren und einsam fühlen kann.
„Last Of My Kind“, der erste Song auf Nashville Sound, berührt genau dieses Phänomen mit der Textzeile: „Nobody here can dance like me, / Everybodyʼs clapping on the one and the three.“, also „Keiner hier tanzt wie ich, / Alle klatschen auf der Eins und auf der Drei.“ Und, hakt Jason Isbell von sich aus ein: „Es geht um Obdachlose, wie sie nichts mit sich anzufangen wissen, tagsüber ziellos umherstreunen, sich abends schlafen legen, und jeder steigt achtlos über sie hinweg. Schwer erträglich für jemanden wie mich, der in einer Kleinstadt aufgewachsen ist.“
Geboren in Green Hill, Alabama, zieht Isbell 2011 nach Nashville. Damals hat er bereits eine Karriere als Songschreiber und später als festes Mitglied der Rootsrockformation Drive-By Truckers hinter sich. Von Alkoholexzessen und Drogenmissbrauch ist ebenfalls die Rede, was hinter ihm zu liegen scheint, wenn die Bemerkung über seinen letzten Plastikbecher richtig guten Rotweins in „Tupelo“ zutreffen sollte. Inzwischen jedenfalls steht mehrheitlich der herausragende Songpoet im Fokus, der sich sicher sein kann, dass Hank Williams oder Johnny Cash ihm anerkennend auf die Schulter klopfen würden, weil er ins Bewusstsein ruft, was Countrymusik eigentlich ist. Eine Volksmusik nämlich, die vom selten unbeschwerten Alltag gewöhnlicher Amerikaner erzählt.
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