Aktuelles Album:
Akö (Nø Førmat/Indigo, 2015)
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Blick BassyKleinode zwischen Blues und Afro
Getrost kann man ihn einen der spannendsten afrikanischen Songwriter des einundzwanzigsten Jahrhunderts nennen. Der Kameruner Blick Bassy führt in seinen Liedern Stile aus West- und Zentralafrika zusammen, verschmilzt Brasilianisches mit den Rhythmen und Melodien seines Volkes, der Bassa, und hat sich für seine neuen akustischen Miniaturen den Bluesmusiker Skip James als Paten ausgesucht.
Text: Stefan Franzen
„Wir leben in einer Zeit, in der wahnsinnig viel Informationen in einer Endlosschleife um uns herumschwirren“, sagt Blick Bassy. „Nach zwei CDs traf ich die Entscheidung, dass nun ein Album mit sehr wenig Information dran ist, mit meiner Stimme und ihren Emotionen im Vordergrund. Wir Musiker haben immer die Tendenz, zu viel reinzupacken, aber eigentlich braucht es nur sehr wenig.“ Bassys drittes Werk Akö beherbergt elf Miniaturen, die er nur mit Gesang, Gitarre, Cello, Posaune und ein bisschen Bluesharmonika gestaltet. Letztere hat es nicht ohne Grund aufs Album geschafft, beruft sich der Kameruner doch auf einen Seelenverwandten, der vor neunzig Jahren am Mississippi sang.
„Ich lebe seit zehn Jahren in der nordfranzösischen Region Pas-de-Calais“, holt Bassy aus. „Im Winter ist es da sehr kalt, und eines Tages fiel die Heizung aus. Ich ging runter ins Wohnzimmer, fachte das Kaminfeuer an und setzte mich aufs Sofa. In dieser Ecke habe ich Fotos von allen Leuten aufgehängt, die mich inspiriert haben: der burkinische Freiheitskämpfer und Staatschef Thomas Sankara, meine Mutter, Marvin Gaye, Charlie Chaplin … und Skip James. Skip hatte damals mit ganz ähnlichen Problemen zu kämpfen wie die Künstler heute. Er hat für all seine Aufnahmen in den Dreißigerjahren gerade mal dreißig Dollar bekommen, musste dann im Straßenbau arbeiten. Und auch heute, wo alle Leute Kultur über I-Pod und Handy konsumieren, können unbekanntere Musiker kaum überleben. Ich saß also da, schaute auf das Foto von Skip, und auf meiner Gitarre formten sich diese Songs, sechzig an der Zahl, innerhalb zwei Wochen.“ Zunächst brachte Bassy seine Kleinode solo auf die Bühne, als Soundtrack eines Theaterstücks für Kinder. Erst danach erfolgte die Ausarbeitung einiger Lieder.
Akö ist natürlich trotz der Referenz an Skip James keine Bluesplatte geworden. Ab und zu entdeckt man in der Posaune eine seufzende Dampflok oder einen brüllenden Ochsen, und dann ist da ja auch die Mundharmonika. Doch die Referenzen ans ländliche Amerika sind eher hintergründig, der Blues versteckt sich abstrakter in den melancholischen Empfindungen: Bassys Stimme siedelt in einer ähnlich sensiblen, fast zärtlichen Falsettlage wie die von James. Für die melodischen Inspirationen greift er auf seine Jugend zurück, als er eine Zeit lang bei Oma und Opa im Dorf lebte, wo alte Wandermusiker mit ihrer Gitarre durchkamen. Der heute halbmythische Skip James, die Großelterngeneration, die betagten Troubadoure: Blick Bassy bekennt sich mit diesem Album zu den Vorfahren. Da passt auch der Titel: Akö ist bei den Bassa ein liebevoller Zuruf der Alten untereinander.
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