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Backkatalog   Ausgabe Nr. 5/2015   Internetartikel




»Ho Rugg zeigt, wie sich das neue Wienerlied anhören sollte, wenn es nicht in Schönheit sterben soll.«
Soyka, Molden, Wirth, Resetarits * Foto: Wolfgang Zac

5 Minuten mit ...


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Aktuelles Album:

Ho Rugg
(Monkey/Rough Trade)


Cover Ho Rugg


Molden/Resetarits/Soyka/Wirth

Keine Angst vorm Wienerlied

Die Juroren der deutschen Liederbestenliste wählten das Album von vier musikalischen Aktivposten aus Wien zum „Album des Jahres“. Eine mehr als gute Wahl!

Text: Harald Justin

Das alte Wienerlied ist tot. Und als es noch lebte, wirkte es lebendig allein durch seine Widersprüchlichkeit. Einerseits und zumeist gleichzeitig andererseits sang es von den verschiedenen Seelenzuständen, die im typischen Wiener umeinander ringen. Ähnlich wie die Blut-und-Boden-Restösterreicher vom Land bis heute stur am Althergebrachten festhalten brachte der städtisch angesiedelte Wiener in seinem im neunzehnten Jahrhundert entstandenen Lied das leicht schizophren anmutende Kunststück fertig, ein volksmusikalisch bis klassisch eingestimmtes Instrumentarium mit seiner durchaus ländlich geprägten Formensprache trotz des urbanen Umfelds nicht von der Moderne und ihren Rhythmen ankränkeln zu lassen. Gleichzeitig wurden dazu Texte verfasst, die sich dem städtischen Alltag insofern verdankten, als sie mit melancholisch-humoristischem Blick vergangenes Landleben beschworen und die Interpreten mit wohlgesetzten Worten in sentimentale Weinseeligkeiten flüchten ließen. Mit Charme und Witz präsentierte Neuigkeiten aus dem Liebesleben gehörten wie anderswo auch dazu, es menschelte, wobei es dem Wienerlied vorbehalten blieb, oft genug zum Schunkeln zu musikalisch verbrämten Minderwertigkeitskomplexen und dumpffaschistoider Servilität aufzufordern.
Zumindest mit dem Teil der Geschichte des Wienerlieds mochte Roland Neuwirth, einer der Neuschöpfer des Genres, nichts zu tun haben. Vom Blues und Jazz kommend, brachte er dem Wienerlied seit Mitte der Siebzigerjahre neue Töne bei. Die politische Grundierung änderte sich, die Nähe zur Volksmusik blieb, und Neuwirth führte eine aufsässige Lässigkeit ein, die weit weg vom genuschelten Unterwürfigkeitsmief alter Hans-Moser-Lieder war.
Um das neue Wienerlied zu verstehen, braucht es das Wissen um das alte Wienerlied und das Wissen um Wiens Musikszene seit den Siebzigerjahren. Einer ihrer Kultfiguren ist Willi Resetarits, der mit den Schmetterlingen und ihrer Proletenpassion Teil der linken Musikfindungsszene war und als Rockmusiker unter dem Namen „Ostbahn-Kurti“ mit österreichischen Texten zum Vorbild einer rockorientierten Jugend wurde, bevor auch er sich dem Wienerlied zuwandte. In der Liebe zur amerikanischen Rootsmusik und zum Wienerlied traf er sich mit dem jungen Stadtpoeten Ernst Molden, der mittlerweile überaus souverän das weite Feld zwischen Eigenkompositionen, Tom Waits, Woody Guthrie und Georg Danzer beackert. „Der Ernst“, sagt Resetarits in einem Interview, „hat sich sehr, sehr toll entwickelt, seine Lieder werden immer besser. Das macht mir eine Freud’, wenn ich sie singen darf.“

... mehr im Heft.