Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Backkatalog   Ausgabe Nr. 6/2017   Internetartikel
»Wenn du als Schweizer hochdeutsch singst, gilt das fast schon als Landesverrat.«
Faber * Foto: Michael Pohl

[Zurück zur Übersicht]



Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

Oder gleich zum (Schnupper-)Abo.






Diskografie:

Sei ein Faber im Wind
(Capitol/Universal, 2017)

Abstinenz
(EP; Two Gentlemen, 2016)

Alles Gute
(EP; Two Gentlemen, 2015)


Cover Sei ein Faber im Wind


Faber

Gegen den Strom?

Ein junger Liedermacher spaltet die Gemüter. Lassen sich die von Degenhardt, Süverkrüp, Wader, Mey oder Hüsch Sozialisierten oft weder von dem erst 24-Jährigen noch von den meisten seiner derzeitigen Kolleginnen und Kollegen des Genres begeistern, trifft Faber mindestens bei seinen Altersgenossen einen Nerv, wofür ausverkaufte Konzerte, ein Majorlabelvertrag, eine Top-Zwanzig-Platzierung in den Albumcharts und euphorische Besprechungen in den Mainstreammedien sprechen. Und das, obwohl er keines der gängigen Deutschpopklischees bedient, vermeintlich verstaubte Musikstile verwendet und mit bisweilen bitterbösen bis politisch unkorrekten Texten provoziert. Ein hochdeutsch singender Schweizer auf Siegeszug durch Deutschland? Eine Betrachtung.

Text: Stefan Backes

Faber steht auf dem Bahnhof in Zürich und ist auf dem Weg zum Flieger, der ihn zu Terminen nach Deutschland bringen soll, ein Land, in dem ihm aktuell deutlich mehr Aufmerksamkeit zuteilwird als in seiner Heimat. Obwohl etwas gehandicapt, weil er am Vortag vom Fahrrad fiel, steht er am Mobiltelefon bereitwillig Rede und Antwort. Gefragt danach, was der Grund dafür sein könnte, dass es beim nördlichen Nachbarn besser läuft, meint er: „Ich glaube in der Schweiz hört man einfach nicht so gern deutsche Musik, weil die Schweizer die Deutschen nicht besonders mögen. Wenn du als Schweizer hochdeutsch singst, gilt das fast schon als Landesverrat.“ Deutliche Worte, die die Frage provozieren, weshalb er dann auf Hochdeutsch singt. Die lapidare Erklärung: „Der Sänger meiner ersten Band konnte einfach kein Schweizerdeutsch. Der hat das so angefangen, und ich hab die Tradition weitergeführt.“ Und fügt hinzu, dass er es immer seltsam findet, wenn er das gefragt werde, denn Gruppen aus deutschsprachigen Musikern, die englisch singen, würden in der Regel ja auch nicht gefragt, warum sie das tun.

Es scheint, immer dann, wenn man meint, der junge Liedermacher tue etwas bewusst deshalb, um gegen den Strom zu schwimmen, unterläuft er diesen Eindruck mit einer Aussage oder einer relativierenden Interviewantwort. Und doch bewegt er sich nicht stromlinienförmig durch die Musiklandschaft, biedert sich nicht an mit Musik und Inhalten, sondern tut offenbar genau das, wonach ihm der Sinn steht, und ist eher überrascht, wenn auch erfreut, dass es so läuft, wie es läuft. Gerade bei jungen Leuten, die oft gern als eher unpolitisch angesehen werden, trifft er hierzulande einen Nerv. Auf die Frage, warum sie sich offenbar in seinen mitunter bissigen, bitteren und manchmal bösen Texten wiederfinden, antwortet er: „Ich weiß nicht, ob die Jugend grundsätzlich weniger interessiert ist als früher. Natürlich, die große Masse war schon immer sehr träge, und das wird wahrscheinlich so bleiben. Ich empfinde es eigentlich eher andersrum, dass ein ziemlicher Druck in der Jugend ist, den es die letzten dreißig Jahre nicht gab. Ich kann mir vorstellen, dass es grad für viele halt eine Mode ist, dass deutsch gesungen wird, und eben nicht das, was man seit ein paar Jahren aus dem Radio kennt.“

... mehr im Heft.