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Backkatalog   Ausgabe Nr. 3/2017   Internetartikel
Bernd Köhler * Foto: Helmut Roos

Resonanzboden
— Gedanken zur Zeit

Gastspiel





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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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ewo2.de/berndkoehler



Autoreninfo:


Bernd Köhler, wurde in den Siebzigerjahren durch Auftritte als politischer Liedermacher unter dem Namen „Schlauch“ bundesweit bekannt. Er spielte nicht nur auf den großen Liederfestivals dieser Zeit, sondern unterstützte mit seiner Kunst auch immer konkrete politische oder gewerkschaftliche Aktionen. Heute setzt er diese Tradition mit der Gruppe EWO2, dem „kleinen elektronischen Weltorchester, fort. Aktuelles Album: In dieser Straße – Das Waterboarding-Syndrom.


Raus aus der Schockstarre, rein in die Arena!

Der Kulturkampf der AfD und die Wahl im Herbst

„Schlaft nicht, / während die Ordner der Welt geschäftig sind! / Seid mißtrauisch gegen ihre Macht / die sie vorgeben / für euch erwerben zu müssen! / Wacht darüber, / daß Eure Herzen nicht leer sind, / wenn mit der Leere eurer Herzen gerechnet wird! / Tut das Unnütze, / singt die Lieder, / die man aus eurem Mund nicht erwartet! / Seid unbequem, / seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!“ (Günter Eich)

Text: Bernd Köhler

Vielleicht habe ich das Gedicht Günter Eichs nicht nur wegen seiner klaren Aussage als Eröffnung dieses Beitrags gewählt, sondern auch weil dieser Autor mit seiner zerrissenen Biografie so unvergleichlich für ein besonderes Prinzip Hoffnung steht. Dafür, dass keine einmal gewählte Haltung, kein einmal eingeschlagener Lebenskurs, unumkehrbar ist. Er, der als sogenannter unpolitischer Dichter in den NS-Staat abtauchte und dort überlebte, kommt nach dem Krieg und der Offenlegung der faschistischen Barbarei zur Besinnung, wird so zum kritischen Demokraten und scharfsinnigen Kommentator des neuen gesellschaftlichen Entwurfs. Eines Entwurfs, der mithilfe ehemaliger Nazimilitärs, -regierungsbeamten oder -richter erstellt wird, der kapitalistisch, autoritär und konsumorientiert ist. Ein Konstrukt, das erst durch den Jugendaufstand der Endsechzigerjahre und der damit einhergehenden kulturellen Revolte seine grundlegende Erschütterung erfährt. Das ist es, was der baden-württembergische AfD-Chef Jörg Meuthen („weg vom links-rot-grün verseuchten 68er-Deutschland“) mit seiner völkischen Meute nun wieder korrigieren möchte. So viel zum Stand der Dinge.
Neu daran ist nicht gar so viel. Menschen mit rechtsextremen Tendenzen gab es in unserem Land schon immer – wen wundert’s bei obiger Nachkriegsouvertüre. Übrigens und vor allem auch in den bestehenden Parteien beziehungsweise gesellschaftlichen Organisationen, nicht nur in der NPD. Neu an der AfD ist jedoch die Konzentration unterschiedlicher nationalistischer Kräfte in einer Partei, die mit gewollter Öffnung zum Rechtsextremismus trotzdem (oder gerade deshalb) eine nennenswerte Resonanz aus der Bevölkerung erfährt. Und neu ist auch der intellektuell aufbereitete programmatische Ansatz einer Geschichtsrevision – einen totalitären Kulturbegriff eingeschlossen –, mit der die antifaschistischen Nachkriegsessentials in den Dreck getreten werden sollen.
„Wir müssen uns darauf einstellen, dass es in den nächsten Monaten und Jahren tatsächlich darum geht, die Freiheit der Kunst und der Medien zu verteidigen“, sagte die baden-württembergische Staatssekretärin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in einem SWR2-Interview im Februar 2017. AfD-Anträge wie die Forderung nach der Streichung des Studiengangs Weltmusik an der Mannheimer Popakademie sprechen Bände. „Man [die AfD] möchte weg von einer kulturellen Vielfalt, von einer Freiheit. Hin zu einer Einfalt, einem eingegrenzten, einem fest vorbestimmten Kanon der Dinge“, ergänzte Susanne Kopp-Sievers vom Museumsverband Sachsen-Anhalt im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.

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Dies ist eine Kolumne. Für die Inhalte der hier veröffentlichten Texte sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Diese Inhalte spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.