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Backkatalog   Ausgabe Nr. 3/2016   Internetartikel




» In La Boca steckt die Energie von jemandem, der in einer fremden Umgebung hyperaufmerksam ist.«
Alejandra Ribera * Foto: Kristina Wagenbauer

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Diskografie:

La Boca
(Jazz Village/Harmonia Mundi, 2015)

Navigator Navigate Her
(Eigenverlag, 2009)


Cover La Boca


Die Reise zum Licht

Alejandra Ribera

Sie schöpft aus den Kulturen dreier Kontinente: die Mutter Schottin, der Vater Argentinier, aufgewachsen in Toronto, künstlerische Reifung in Montreal, neue Wahlheimat Paris. Die Lieder, die Alejandra Ribera aus dieser kosmopolitischen Vita herausmeißelt, sind spannend und berührend, genau wie ihre wandlungsfähige Altstimme. Ihr aktuelles, dreisprachiges Werk La Boca zählt zu den großen Songwriterwürfen der letzten Jahre.

Text: Stefan Franzen

Ein Konzert von Alejandra Ribera gleicht einem Drahtseilakt ohne Netz und doppelten Boden – sowohl für ihre Hörer wie auch für die Protagonistin selbst. Gerade steht sie auf der Bühne der Music Hall in Worpswede, barfuß wie immer, als finaler Programmpunkt des Women-in-(E)Motion-Festivals. Lediglich gestützt durch die akustische Gitarre von Jean-Sébastien Williams und den Bass von Nicolas Deutsch tastet sich ihre Stimme durch die aufsteigende Melodie des Titelsongs „La Boca“. Es ist die Geschichte von urzeitlichen Lebewesen, die aus Jahrmillionen von Gefangenschaft in einem unterirdischen See ausbrechen, instinktiv den Weg in den Ozean, zum Licht finden. Und genauso scheint auch Riberas Stimme dem Licht und der Weite zuzustreben, während sie sämtliche ihrer vokalen Facetten ausspielt, unterstützt durch eine immerzu fließende Gestik – von den tiefen, grollenden, rauchigen Registern über das melancholische Sehnen der mittleren Lagen bis zu den leuchtenden Höhen. Schnell hat sie ihr Publikum gefangen genommen, man fiebert mit, wie sie die Dramaturgie eines Auftritts aus dem Moment schöpft, die Reihenfolge der Songs spontan festlegt, auch mal in Tränen ausbrechen muss, wenn der Song endlich in ein Aufatmen mündet. Kurzum: Es ist eine Reise durch Furcht, Verletzung und Erlösung, die einen mitnimmt, in jedem Wortsinn. Und die mit dem Prädikat „arty folk pop“, wie sie ihre Musik nicht ohne Ironie selbst nennt, nur sehr unzureichend beschrieben ist.
Kanada blickt auf eine lange Tradition herausragender Songschreiber zurück, die Namen wie Joni Mitchell oder Leonard Cohen umfasst. Doch aus ihnen allein lässt sich das musikalische Erbe der Toronterin nicht ableiten. In ihren Stücken macht sich mit bildgewaltigen Erzählungen die keltische Lust am Fabulieren bemerkbar, und mit spanischen Texten kommt die väterliche Linie zum Zuge. Früheste musikalische Erfahrungen sammelt sie in einem anglikanischen Chor und zu Hause. „Meine Mutter und meine Großeltern hatten wunderschöne Singstimmen. Wir haben zu Hause immer gesungen, einfach zum Spaß. Da drückt eben die schottische Tradition stark durch!“, lacht sie. „Und ich selbst habe schon früh faszinierende Stimmen imitiert, die Folksängerin Odetta zum Beispiel hat mich völlig umgehauen. Von meinen Landsfrauen war Jane Siberry die wichtigste für die Entwicklung meines Songwritings. Ihr Album When I Was A Boy war mein spiritueller Leitstern.“

... mehr im Heft.