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Backkatalog   Ausgabe Nr. 3/2016   Internetartikel
» Auch die Entwicklung der neuen Musikstrecke erfolgt aus inhaltlichen Gründen und nicht, um zu sparen. «
Thomas Reinke * Foto: WDR, Herby Sachs

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Funkhaus Europa im Wandel

Interview mit Programmchef Thomas Reinke

Im Februar wurde bekannt, dass der WDR bei Funkhaus Europa, der einzigen Welle im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit Schwerpunkt auf globaler Musik und interkulturellen Themen, einschneidende Reformen plant, die den Programmcharakter bis zur Unkenntlichkeit verwischen und noch wesentlich stärker den Mainstreamformaten angleichen würden. Es formierte sich breiter Protest gegen die Pläne, begleitet von einer kritischen Presseberichterstattung bundesweit – der Spiegel titelte gar „Reform von ‚Funkhaus Europa‘: Hitradio Dudelfunk“ – und einer Onlinepetition, die in kurzer Zeit über 20.000 Menschen unterschrieben. Trotz dieses großen Widerstands verabschiedete der WDR-Rundfunkrat bereits am 7. März die geplanten Änderungen, die ab Juli in Kraft treten sollen. Sabine Froese befragte den Leiter von Funkhaus Europa zum Umbau seines Radiosenders.

Der WDR muss den Gürtel enger schnallen – wie hoch ist die Sparvorgabe insgesamt und wie viel davon spart der WDR durch die Reformen bei Funkhaus Europa ein?

Der WDR muss seit 2014 jährlich einen hohen zweistelligen Millionenbetrag einsparen. Davon ist Funkhaus Europa ebenso betroffen wie die anderen Hörfunkwellen. Im Vergleich zu 2014 stehen 2016 rund 900.000 Euro pro Jahr weniger zur Verfügung. Bis 2020 fallen außerdem sieben Stellen weg. Solche Einschnitte haben Auswirkungen auf alle Bereiche des Programms und auf die Zusammenarbeit mit unseren Partnern Radio Bremen und Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Die Verträge waren schon vor über einem Jahr gekündigt worden, um die komplexe Kooperation neu zu organisieren.

Die Reformen bedeuten einen radikalen Einschnitt. Es sollen siebzehn Musikformate ersatzlos gestrichen werden, darunter Sendungen wie Balkanizer oder Indigo und sogar das Aushängeschild 5 Planeten, eine Sendung, die Musikchef Francis Gay moderiert. Warum dieser beispiellose Kahlschlag?

Wir wollen wertvollen Content dort finanzieren, wo er auch gehört wird, und das ist nicht nach Mitternacht. Deshalb fallen einige Spezialformate in der Nacht weg, darunter auch Übernahmen von anderen Sendern aus dem Ausland. Dafür gibt es demnächst am frühen Abend deutlich mehr Platz für neue musikalische Inhalte und Formen in einer täglichen zweistündigen Strecke für Musik und Popkultur, und zwar montags bis freitags von 18 bis 20 Uhr. Dort soll auch Raum sein für Moderatoren und Musikautoren, die ihr Know-how bisher woanders einbringen. Am Samstagabend ab 20 Uhr und an den Abenden der Feiertage wird darüber hinaus eine neue Fläche für Musikinhalte geschaffen, in der – ebenfalls zu besseren Sendezeiten als bisher – Platz sein kann für internationale DJs und Musikspezialisten. Freitags nachts bleibt zudem noch Raum für Konzertmitschnitte.

Möchten Sie die Hörerzielgruppen verschieben, sich neu ausrichten?

Nein, wir wenden uns seit Jahren an ein modernes, weltoffenes Publikum, das sich herkunftsübergreifend für kulturelle Vielfalt, internationale Themen und weltweite Musik interessiert. Das Durchschnittsalter der Hörerinnen und Hörer liegt bei circa Mitte dreißig. An dieser grundsätzlichen Ausrichtung ändert sich nichts. Wir wollen dieses Publikum künftig allerdings besser erreichen, denn im Moment kennen uns einfach viele nicht oder hören uns zu selten.

Während bei den von Freien moderierten Sendungen Geld gespart werden kann, ist Francis Gay fest angestellt; durch den Wegfall seiner Sendung spart der WDR nichts.

Viele unserer neuen Ideen haben nichts mit Sparen zu tun, sondern mit Öffnung und Wandel. Auch die Entwicklung der neuen Musikstrecke montags bis freitags von 18 bis 20 Uhr, in der vor allem die bisherigen Musiksendungen des Tagesprogramms vom Wochenende aufgehen, erfolgt aus inhaltlichen Gründen und nicht, um zu sparen. Einige Musiksendungen hätten aber ohnehin von ihrem derzeitigen Sendeplatz weichen müssen, weil künftig Radio Bremen und nicht wie bisher der WDR für die Betreuung des Tagesprogramms am Wochenende verantwortlich ist. An der neuen Musikstrecke an den Werktagen sind die bisherigen Akteure von Sendungen wie Globalista, Soulfood, Indigo und 5 Planeten in den unterschiedlichsten Rollen beteiligt, sei es als Moderatoren, Komoderatoren, Autoren oder Redakteure.

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