Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Backkatalog   Ausgabe Nr. 1/2016   Internetartikel
» Viele, die ein neues Album von uns abspielen, sagen mittlerweile: ‚Ja, das klingt nach Hermes. «
Ramin Sadighi * Foto: Aria Abolhassani

[Zurück zur Übersicht]



Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

Oder gleich zum (Schnupper-)Abo.






Auswahldiskografie:

Quartet Diminished, Station One
(Hermes Records, 2015)

Mohammad Reza Mortazavi, Saena
(Hermes Records, 2009)

Zarbang Ensemble, Call To Love
(Hermes Records, 2008)

Nour Ensemble, Alba
(Hermes Records, 2005)

Hossein Alizadeh & Djivan Gasparyan, Endless Vision
(Hermes Records, 2005)

Alain Brunet Didgeridoo Orchestra & Sharg Music Ensemble, Paris-Theran Project
(Hermes Records, 2004)

Diverse, Qeshm Island
(Hermes Records, 2002)



Hörbar machen, was in der Islamischen Republik möglich ist

Der iranische Musikproduzent Ramin Sadighi und Hermes Records

Ramin Sadighi ist In­ha­ber des im Jahr 2000 in Teheran gegründeten Mu­siklabels Hermes Records. Die Liste sei­ner Ver­öff­ent­lich­ungen, bei denen die Ver­bin­dung zur persischen Musiktradition eine wichtige Rolle spielt, umfasst 78 Tonträger aus unterschiedlichen Genres. Jährlich erscheinen sechs bis sieben neue Alben mit überwiegend instrumentalen Stücken. Für seine Verdienste um die iranische Musik erhielt der 1967 geborene und bis zu seinem zwölften Lebensjahr in Wien lebende Sadighi im vergangenen Herbst den Professional Excellence Award der Musikmesse WOMEX.

Bernd G. Schmitz sprach für den Folker mit ihm über seine Arbeit.

Text: Bernd G. Schmitz

Gratulation zum WOMEX-Preis! Wie sind Sie als geborener Wiener zum erfolgreichen Musikverleger im Iran geworden?

Mein Vater studierte Musik, mein Onkel war ein großer Jazz- und Rockliebhaber. Beide versuchten, mir ihre unterschiedlichen Musikvorlieben schmackhaft zu machen. Während mich mein Onkel mit John Coltrane und Chick Corea bekannt machte, tat mein Vater das mit klassischer Musik. Ich habe von beiden sehr profitiert. Daraus entstand auch mein Wunsch, selbst Musik zu machen. Erst lernte ich Gitarre, dann Kontrabass und Bass. Als Teenager spielte ich in einer Coverband. Mit wachsendem Interesse am Jazz hörte ich erstmals Stanley Clarke. Ich dachte: Das ist mein Ding!
Bevor ich Hermes gründete, war ich im Iran Berater der Buchhandelskette Book City. Dort war ich verantwortlich für Business Development. Mitte der Neunzigerjahre begannen wir, Musik aus anderen Ländern zu importieren: von Universal, ECM, Real World, die all die Künstler im Programm hatten, für deren Musik ich mich ohnehin interessierte. Die Nachfrage unser iranischen Kunden war so groß, dass ich dachte: Okay, es gibt also tatsächlich einen Markt dafür. Die fünf Jahre bei Book City waren wichtig für mich, weil ich dadurch die Konsumentenszene im Iran kennenlernen konnte. Dieses Wissen war das Fundament, auf dem Hermes Records entstand.

Welches Anliegen war Ihnen bei der Gründung wichtiger: Die iranische Musik im Ausland bekannter zu machen oder iranische Künstler mit internationaler Musik in Kontakt zu bringen und damit der Musikszene Ihrer Heimat neue Impulse zu geben?

Aus heutiger Perspektive eine Mischung aus beidem. Ich muss aber sagen, dass ich anfangs keine besondere Strategie hatte, also weder daran dachte, der persischen Musik mehr Anerkennung zu verschaffen, noch unbedingt dies und das machen wollte. Ich hatte einfach nur den Wunsch, etwas zu tun, was mir Spaß bringen sollte. Im Laufe der Jahre wurde es aber zunehmend wichtig für mich, zu zeigen, dass das, was wir im Iran machen, sich nicht sehr von dem unterscheidet, was Musiker und Plattenfirmen in Deutschland und Amerika tun. Es gibt da nämlich diesen, sagen wir mal, orientalistischen Blick auf den Iran, durch den alles exotisiert wird: die Musik, die Kinoindustrie, die Theaterszene. Das ist etwas, was nicht nur mich, sondern viele Iraner ärgert.

Welche Rolle spielen die Musiker und Musikerinnen in den persischen Biotopen europäischer und amerikanischer Großstädte für die Wahrnehmung iranischer Musik im Ausland?

Schwer zu sagen. Natürlich gehören die zur iranischen Gesellschaft dazu. Weil viele dieser Künstler sich daran orientieren, was die Iraner im Exil gerne hören wollen, ist deren Musik aber nicht dieselbe wie die, die im Iran entsteht. Letztlich sollten sich aber alle Musiker, egal ob diese im Iran oder woanders leben, gegenseitig respektieren und gemeinsam daran arbeiten, ein möglichst unverfälschtes Bild von iranischer Musik zu zeichnen. Im Iran lebende Musiker wie Hossein Alizadeh, Kayhan Kalhor, Mohammad-Resa Schadscharian und andere bekannte Künstler, die im Ausland touren, tragen nicht nur zu einem solch klaren Bild bei, sondern zeigen auch, dass die Musik im Iran lebendig ist. Mir ist allerdings ebenso wichtig aufzuzeigen, dass neben der traditionellen auch andere Musik im Iran existiert.

... mehr im Heft.