Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Backkatalog   Ausgabe Nr. 4/2016   Internetartikel
»Die effektivsten menschlichen Dialoge ereignen sich durch Kunst.«
Mahsa Vahdat

[Zurück zur Übersicht]



Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

Oder gleich zum (Schnupper-)Abo.







Auswahldiskografie:

A Capella – The Sun Will Rise
(KKV, 2016)

Traces Of An Old Vineyard
(KKV, 2015)

A Deeper Tone Of Longing
(mit Mighty Sam McClain; KKV, 2012)

Twinklings Of Hope
(mit Marjan Vahdat; KKV, 2012)

I Vinens Speil – In The Mirror Of Wine
(mit Skruk; KKV, 2010)

Scent Of Reunion
(mit Mighty Sam McClain; KKV, 2009)


Cover The sun will rise 2016


Die Kraft der Zartheit

Mahsa Vahdat

Persisch-europäische Musikdialoge

Musik, so wird oft gesagt, überwindet Grenzen und führt die Menschen zusammen, wo Worte sie nur zu trennen vermögen. Ja, wenn das so einfach wäre. Unterschiedliche Musikgeschmäcker können ebenso trennen wie Lieder, die Hass und Aggression verbreiten. Aber auch Lieder voller Poesie und Anmut können Menschen gegen die aufbringen, die sie singen, wenn ihre Ideologie es ihnen gebietet.

Text: Michael A. Schmiedel

Es könnte ein sehr erfülltes Leben sein, als Repräsentantin einer alten und großen Kultur von allen im In- und Ausland geachtet, verehrt und vor allem gerne gehört zu werden. Erfüllt mag es auch sein, denn die Aufgabe ist groß, aber die Sehnsucht wohl noch größer. Diese hört man aus fast jedem Ton, fast jeder Zeile ihrer Lieder heraus, eine Sehnsucht nach Liebe, nach Frieden, nach Freiheit. Mahsa Vahdat, über die und ihre Schwester Marjan der Folker bereits in Heft 5/2009 berichtete, hat nicht aufgegeben und wird nicht aufgeben, den Menschen auf der ganzen Welt zu Gehör zu bringen, dass der Iran eine Kulturnation ist, ein Volk der Dichter und Denker, der Sänger und auch Sängerinnen. Allein ihren Landsleuten darf sie das nicht öffentlich vorleben, nur in privaten Räumen und nur den Frauen. Für Männerohren mag es zu erotisch klingen, eine weibliche Stimme singen zu hören, und Erotik außerhalb der eigenen Ehe mag von Gott wegführen, wenn man der staatlich verordneten Theologie Glauben schenkt. Immerhin ist Musik im Iran ansonsten hochgeschätzt, ja, der schiitische Islam erlaubt so einiges, was den wahhabitischen Saudis ein Dorn im Auge oder im Ohr wäre. Nur sollen die Sängerinnen eben vor anderen Frauen singen oder in der Familie und sich damit begnügen.
Zum Glück gibt es da ein kleines norwegisches Label, ebenfalls in religiösem Hause, das seinerseits entgegen in Norwegen oder generell in Europa vorhandenen Vorurteilen gegenüber Staaten, in denen keine Meinungs-, Presse- und Künstlerfreiheit gewährt ist, beweisen will, dass es auch dort Kultur gibt, mit der zu beschäftigen sich lohnt. Jenseits der politischen und wirtschaftlichen Interessen baut die Kirkelig Kulturverksted (KKV) Brücken über die Gräben. So brachte sie 2010 das Album I Vinens Speil – In The Mirror Of Wine heraus, auf dem Mahsa Vahdat und der norwegische Chor Skruk traditionelle persische Musik, norwegische Kirchenchorlieder und Jazz miteinander verbinden. KKV führte auch Vahdat und den afroamerikanischen Sänger Mighty Sam McClain zusammen, um mit beiden inzwischen zwei Alben aufzunehmen: Scent Of Reunion 2009 und A deeper Tone Of Longing 2012. Da treffen einerseits Welten aufeinander, denn Vahdat singt auf Farsi und traditionell iranische Weise, während McClain in amerikanischem Englisch musicalähnliche Strophen hinzufügt, dass unklar ist, ob die Harmonie oder der Kontrast der beiden Stile überwiegen soll. Für Mahsa Vahdat gehört beides zusammen, denn darin käme sowohl der wachsende religiöse, politische und kulturelle Konflikt zwischen den Heimatländern der beiden zum Ausdruck als auch die menschliche und kulturelle Ähnlichkeit. Eine dieser Ähnlichkeiten beschreibt die Musikerin so: „Ich und Sam kommen aus Gesellschaften, in denen wir viele Herausforderungen und Schwierigkeiten hatten, unsere Identität, Kultur und Kunst zu bewahren, er als schwarzer Sänger und ich als Frau und weibliche Sängerin.“

... mehr im Heft.