Aktuelles Album:
Part Of Me (Capriola/Sony, 2014)
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Ami WarningNachdenklich, offen, authentisch
Kaum jemand in Spaniens aktueller Populärmusikszene spürt so akribisch, so lebensnah wie akademisch den soziokulturellen musikalischen Wechselwirkungen zwischen Hispanoamerika und Iberischer Halbinsel nach wie dieser Anthropologe und Meister der Flamencogitarre und der Tres, jener kubanischen Gitarre, die er als Erster gekonnt in den Flamenco überführte. Nach zwei Alben mit seinem einstigen Projekt Son de la Frontera brachte der Andalusier nun im Alleingang das CD-Buch Razón De Son heraus, das über mehrere Monate in den Top Ten der World Music Charts Europe war.
Text: Sabine Froese
Da ist zunächst ihre markante, tiefe, etwas raue, kraftvolle, bisweilen auch fragile Stimme, die so gar nicht nach der eines Teenagers klingt. Hat sie diese im Gesangsunterricht besonders geschult? „Eigentlich habe ich nur gesungen, und die Stimme hat sich von ganz allein entwickelt. Die Stimmfarbe, die ich jetzt habe, hat sich im Lauf der Zeit einfach herausgebildet“, erzählt Ami Warning. Dann ist da ihre Familie, die bei ihrem beruflichen Werdegang eine maßgebliche Rolle spielte: Bereits im Bauch ihrer Mutter hat sie den Groove der Konzerte ihres Vaters, des von der karibischen Antilleninsel Aruba stammenden Reggaemusikers Wally Warning, mitbekommen. Später war sie immer sehr gern bei seinen Auftritten dabei – wenn auch als Kleinkind hin und wieder nur schlafend im Backstagebereich. Als sie älter war, fing sie als Bassistin und Sängerin in seiner Band an und begann mit vierzehn, Geschichten und Gedichte zu schreiben, denen sie dann irgendwann Noten verpasste. Vorher schon hatte Warning eine Zeitlang Klavier-, dann Bassunterricht genommen, entschied sich aber schließlich für die Gitarre. „Ich mag den Klang einfach gern. Außerdem kann man seinen Gesang gut begleiten und komponieren.“ Einiges an Know-how eignete sie sich über Youtube-Videos an, aber das meiste hat sie von ihrem Papa gelernt. Ihre Bühnensicherheit hat sie vor allem durch Erfahrungen als Straßenmusikerin gewonnen. Der Vater spielt auch heute noch eine wichtige Rolle im künstlerischen Leben der jungen Frau: „Er hat mir viel beigebracht auf meinem bisherigen Weg, nicht nur musikalisch. Er ist der Produzent des Albums, und gerade arbeiten wir an einem neuen Projekt“, so Ami Warning.
Außer mit ihrem Talent und ihrem natürlichen Auftreten auf der Bühne und in Fernseh- oder Radiointerviews berührt die Musikerin durch ihre emotionalen, etwas melancholischen Texte. Der Albumtitel Part Of Me bringt auf den Punkt, worum es Warning geht: dem Zuhörer einen ungeschminkten, persönlichen Einblick in ihre Gedankenwelt zu erlauben. So gelingt es ihr, ihre Zuhörer mitzunehmen, denn sie singt über Dinge, die jeder kennt – etwa die Zerrissenheit zwischen Herz und Verstand im Lied „Follow“ oder in „Scared“ um die Angst, sich zu verlieben. „Inspiration finde ich eigentlich im Leben überall, wo mich etwas bewegt. Das können ganz verschiedene Themen sein“, beschreibt die Musikerin den Prozess der Textentstehung. Sie schreibt auf Englisch, weil sie die Sprache sehr gerne mag und damit Menschen nicht nur in Deutschland erreichen kann. Seit 2013 hat sie ihre eigene Band, und nun ist es umgekehrt: Ihr Vater spielt als Multiinstrumentalist und Backgroundsänger bei ihr mit.
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