Aktuelles Album:
Ich staune bloß (Wolkenstein, 2010)
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JoanaAls Frau in dem Metier
Woran liegt es, dass die Nachkriegsgeneration nur sehr wenige Liedermacherinnen hervorgebracht hat? „In meiner Generation mussten sich Frauen erst mühsam vom gängigen und erlaubten brav-angepassten Frauenbild der Adenauer-Ära emanzipieren“, stellt Joana nüchtern fest. Die erdrückenden Zwänge der männlich dominierten Gesellschaft waren noch längst nicht überwunden. „Unter den Frauen, die sich trotz allem in der Liedermacherszene durchsetzen konnten, ist Joana gewiss die Profilierteste“, schrieb der Journalist und Autor Thomas Rothschild, der langjähriges Jurymitglied der Liederbestenliste war, über die vielseitige Künstlerin aus der Pfalz.
Text: Kai Engelke
Zwar hat sie ihren Vater, der als sangesfreudig galt und Klarinette und Akkordeon spielte, nie kennengelernt, da er nicht aus dem Krieg heimkehrte, aber zuweilen sollen ja auch die Gene eine gewisse Rolle spielen. Schon früh erhielt Joana Akkordeonunterricht, doch das große Instrument war viel zu schwer für das kleine Mädchen, sodass sie auf die Gitarre umstieg, die sie zumindest alleine tragen konnte. „Akkordeon- und Gitarrenklänge sind auch heute noch meine absoluten Hörgenüsse“, erzählt sie.
Mit Begeisterung sang sie die Lieder aus der Maultrommel und dem Turm, bündisches Liedgut, internationale Folklore, mittelhochdeutsche und jiddische Lieder. Kabarettlieder von Lotte Lenya, Gisela May, Helen Vita und anderen weckten ihr Interesse an Brecht, Tucholsky, Kästner und Wedekind. Als Ferienhelferin in Frankreich hörte sie erstmals Piaf, Barbara, Ferrat, Brel und Brassens und entdeckte ihre Liebe zum französischen Chanson. Sie gestaltete ein ausschließlich französischsprachiges Programm und begann, erste eigene Lieder zu schreiben. Nach dem Studium war sie knapp zwei Jahre als Französischlehrerin tätig. Ein Schallplattenvertrag, Studioarbeit und Tourneen ließen sie den Schuldienst quittieren, um seither als freischaffende Künstlerin zu leben.
Typisch für Joana sind ihre dunkle Stimme, ihr warmes Timbre sowie ihre akzentuierte Aussprache. „Ich habe bei einer Sprecherzieherin gelernt, meine starke Dialektfärbung in feines Hochdeutsch zu verwandeln.“ Dennoch (und zum Glück) singt sie immer auch Lieder in ihrem Kurpfälzer Dialekt. Joana hat die Erfahrung gemacht, „dass manche Themen im Dialekt direkter und unmittelbarer in Verse und Töne zu fassen sind, wenn ich redd wie mir de Schnawwel gewachse is.“ Ein weiterer Kernpunkt ihrer Arbeit ist ihr politisches Engagement. „Seit ich denken kann, habe ich mich politisch engagiert, war mit Willy Brandt, Heide Simonis und Johannes Rau auf Wahltournee. Als Gewerkschaftsmitglied habe ich gemerkt, dass man mit Liedern dazu beitragen kann, Dinge und Verhältnisse neu zu denken und neu zu gestalten. In Solidarität und Verantwortung andere zu unterstützen, zu motivieren und für eine gerechte Sache zu kämpfen, halte ich als Liedermacherin für selbstverständlich.“
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