Albumtipps:
Ingrid Caven, Ingrid Caven Chante Piaf En Public (FPR Music, 2001)
Marie Giroux, Pariser Flair (Eigenverlag, 2015)
Michael Heltau, Noch einmal, Herr Direktor (Reverso, 1995)
Katharine Mehrling, Piaf Au Bar (Duo-Phon-Records, 2014)
Evi Niessner, Evi Chante Piaf – Chanson Divine (Eigenverlag, 2013)
Cécile Rose, Bals Perdus (Eigenverlag, 2015)
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Sie bereuen nichtsHundert Jahre Édith PiafIhre Lieder in Deutschlandd
Wenn der „Spatz von Paris“ pfiff, hatte die Literatur Pause. Anders als bei Jacques Brel oder Boris Vian finden wir in den Liedern Édith Piafs weder subtile Andeutungen noch mehrdeutige Wortspiele. Dennoch stehen ihre Chansons über das kurze Glück und den langen Schmerz der Liebe, der den feinen Milord so trifft wie das Straßenmädchen, noch ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod hoch im Kurs. Nicht nur in Frankreich wie bei Patricia Kaas, gerade in Deutschland entscheiden sich in frankophilen Programmen viele für das Piaf-Repertoire. Denn wer ohne Französischkenntnisse etwa ein Brassens-Chanson hört, wird sich allein an der Melodie kaum berauschen können. Die Musik der Piaf-Komponisten dagegen bezaubert mit dem Musettecharme der Vorstädte wie der Kraft des Tangos, mit der Wut der Revolutionslieder wie der Leichtigkeit der Music Halls.
Text: Stephan Göritz
„Dass die Texte ihrer Autoren nicht so der Knaller sind, merkt ja hier fast keiner“, bekundet Marie Giroux mit sympathischer Offenheit. Die in Avignon geborene Mezzosopranistin begeistert sich neben der Oper vor allem für das Chanson. Zum hundertsten Geburtstag der Piaf hat sie in ihrer Wahlheimat Berlin im Theater O-Tonart das Programm „Madame Piaf – Enttarnung einer Diva“ herausgebracht. Zusammen mit der Pianistin Jenny Schäuffelen und der Cellistin Frédérique Labbow zeigt sie, dass diese Lieder in minimalistischen Arrangements sogar wirkungsvoller sein können als mit großem Orchester. Zwischen den Chansons widmen sich die drei dem turbulenten Liebesleben der Piaf. Das ist zwar nicht so unbekannt, wie das Wort „Enttarnung“ im Programmtitel glauben machen will, doch die ironische Art, das Leben der Diva auseinanderzunehmen, verfehlt nicht ihre Wirkung.
Wenn die ebenfalls in Berlin lebende Französin Cécile Rose mit den ukrainischen Musikern des Trio Scho Piaf singt, interessieren sie nicht deren Affären, sondern die Wirkung der Chansons, die oft auf den Pariser Volksbällen gespielt wurden. Bei diesen „Bals Perdus“, nach denen Cécile Rose ihr Programm mit Liedern von Piaf und anderen benannt hat, traf sich, wer sonst in seiner Welt verharrte. „Zu Piaf“, versichert sie, „tanzten der Ganove wie die Concierge, das Dienstmädchen wie der Patron.“
Wie Marie Giroux ahmt auch Cécile Rose den Spatz von Paris nicht nach, doch für viele Piaf-Sängerinnen stand am Anfang ihrer Bühnenarbeit mit diesen Chansons das Nachspielen. Denn sie gaben die Piaf in einem der biografischen Theaterstücke, die ihr Leben als Bilderbogen aus Legenden und Anekdoten vor uns ablaufen lassen: von der Gossenkindheit als Tochter eines Straßenakrobaten bis zum drogensüchtigen Wrack, das seine Sehnsucht nach Liebe vom Eiffelturm hinab in die Welt schreit.
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Evi Niessner * Foto: Katharina Dubno |
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