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Der freundliche BluesbruderAbi WallensteinJugendkulturzentrum und Stadthalle, Lahnstein, 25.-26.9.2015
Text: Kai Engelke
Ein bisschen klingt es wie der scheppernde Beat der seligen Sechzigerjahre, man fühlt sich an den dreckigen Garagenrock früherer Tage erinnert – doch es ist weder Beat noch Rock im engeren Sinne, es ist Blues. Blues, wie er sein soll: erdig, emotionsgeladen, authentisch. Kommt weniger aus dem Kopf, mehr aus dem Bauch. Und auf der Bühne steht keineswegs einer, der geschickt in eine fremde Kultur eingetaucht ist. Da steht vielmehr jemand, der seine ganz eigene Kultur liebt und lebt, weil er mit ihr eins geworden ist: Abi Wallenstein, Leitfigur der Hamburger Bluesszene. Ein schlaksiger Typ mit freundlichem Gesicht, die zerschrammte Guild-Gitarre lässig tief umgeschnallt, der schon mit den ersten Takten Kontakt zu seinem Publikum aufnimmt und mit offensichtlicher Spielfreude für sich und für die Menschen, die ihm zuhören, musiziert, das ist gelebte Harmonie. Wen wundert’s, dass er auch heute noch ab und zu als Straßenmusikant die Hamburger Fußgängerzonen belebt? Der direkte Kontakt zu den Menschen auf der Straße ist dem Bluesmann wichtig. Bezeichnend auch, dass er sich schon seit Jahren in unterschiedlicher Weise für Obdachlose engagiert. Abi Wallenstein ist ein absolut allürenfreier Künstler, ein Antistar.
Einfühlsam unterstützt von Martin Röttger am Schlagzeug und Ludwig Seuss an den Tasten, interpretiert Abi Wallenstein am Freitag des diesjährigen Lahnsteiner Bluesfestivals auf seine ganz spezielle Weise Klassiker wie „Money“, „Chain Of Fools“, „I Saw Her Standing There“ und „Good Morning Blues“ – mit rauer Stimme und groovigen Riffs. Den Stones-Gassenhauer „Honky Tonk Women“ lässt er fast unmerklich übergehen in Canned Heats „Let’s Work Together“. Ein wenig schade ist nur, dass er fast sämtliche Soli seinem Keyboarder überlässt.
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