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Gelehrig-gemütliche SpielwieseOrlando Julius & The Heliocentrics, Tony Allen Quartet Bi Nuu, Berlin, XJazz-Festival, 4. und 5.5.2017
Text: Katrin Wilke
Die Bremer Jazzahead und das kurz darauffolgende Berliner XJazz-Festival hielten in ihren Konzerten auch Interessantes für den womöglich jazzferneren Weltmusikfan bereit. Dass die World-Jazz-Allianzen von jeher gegeben sind, ist etwa beim prestigeträchtigen Montreux Jazz Festival bereits seit Jahrzehnten zu erleben, und sie werden zunehmend vitaler und vielfältiger. Die XJazz-Macher verstehen und zelebrieren den Jazz als Popkultur: luftdurchlässig und gerne tanzbar, mit Blick auf das junge, nicht explizit jazzinteressierte Clubpublikum. Das tummelte sich auch bei jenen zwei Konzerten – von insgesamt knapp achtzig in Kreuzberger Clubs, Bars und Kirchen – mit hingabevoller Ehrerbietung gegenüber den beiden Altmeistern der Musik Nigerias, dem 1943 geborenen Saxofonisten, Sänger und Bandleader Orlando Julius Aremu Olusanya Ekemode und dem drei Jahre älteren Schlagzeuger Tony Oladipo Allen. Letzterer ist der wahre Schrittmacher des die Gemüter bis heute weltweit so erhitzenden Afrobeat, jener von seinem prominenten Langzeitpartner Fela Kuti Ende der Sechziger in Allens Geburtsstadt Lagos aus Funk, Jazz, Highlife sowie Yoruba-Percussion und Gesangstraditionen Westafrikas kreierte Musik.
Ohne all diese Einflüsse wäre auch die Arbeit des zeitgleich, später auch in den USA aktiven Julius’ undenkbar. Er zelebriert heute wie einst seine mal treibenden Afrobeat-, mal zurückgelehnteren, nicht minder groovenden Vokal- und Instrumentalstücke, gebettet auf dem soliden Klangteppich der Heliocentrics, seiner Backingband seit 2014. Die sieben jungen Londoner Kollegen, die auch mit dem Äthiopier Mulatu Astatke spielten, kennen all die Afrotraditionen bestens. Mit ihnen nahm Julius nach zwanzig Jahren Studiopause viele seiner Kompositionen auf – bei XJazz zu hören im fast ausverkauften Bi Nuu. Das ganze Konzert über kam dem zierlichen Mittsiebziger sein jugendlich verschmitztes Lächeln ebenso wenig abhanden wie die in der Ruhe liegende Kraft. Lange Saxofontöne und auch seine Tanzeinlagen zeugten von guter Puste – dabei angespornt von Ehefrau Latoya Aduke aus den USA.
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