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Ein strahlender SternJoy DenalaneMuffathalle, München, 27.4.2017
Text: René Gröger
Nostalgie liegt im Blick von Joy Denalane, als sie auf die Bildprojektion hinter sich deutet. Eine Art Triptychon erstreckt sich quer über die Bühne der Muffathalle, von der dem Publikum ein grobkörniges Schwarz-Weiß-Foto entgegenleuchtet. Darauf tummeln sich die noch kleine Joy und ihre Geschwister in einer einfachen Küche in Berlin. Ihr Vater steht daneben, mit schwarzem, krausem Haar. Das Bild wurde Mitte der Siebzigerjahre aufgenommen, wie die Soulsängerin erklärt. Fünfzehn Jahre zuvor hatte ihr Vater, ein Angehöriger der Pedi, Südafrika verlassen, um sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. In seiner von der Apartheid tief gespaltenen Heimat sah er für sich keine Zukunft mehr.
Die Herkunft und Geschichte dieses Mannes prägen nicht nur ihren Namen – Denalane heißt in der Sprache der Pedi „strahlender Stern“ –, sondern auch die Texte der Musikerin. Während das junge Familienglück noch auf den Leinwänden flimmert, singt sie vom Leben „Im Ghetto von Soweto“, einem Township von Johannesburg. In dem Lied thematisiert sie die Diskriminierung, der viele südafrikanische Bürger noch immer ausgesetzt sind – trotz des offiziellen Endes der Apartheid seit den Neunzigern. Den Titel nahm sie mit dem legendären Trompeter Hugh Masekela auf, und schnell wird klar, Joy Denalane versteht sich als Künstlerin mit einer politischen Agenda. Sie gilt als erste ernstzunehmende Soulsängerin, die sich mit deutschen Texten einen Namen machte. Das war 2002 mit ihrem Debütalbum Mamani. Seitdem ist eine Menge passiert – eigene Kinder, Ehekrisen, Reisen in die Heimat ihres Vaters. All das verarbeitet und reflektiert sie in ihren Texten, die sie dem Publikum zwischen den Liedern erläutert. Natürlich ist das manchmal überflüssig, gerade wenn sie von typischen Soulthemen singt wie scheinbar makellosem Beziehungsglück und den bitteren Tränen, die danach folgen. Doch gerade bei diesen nur von Gitarre begleiteten Balladen zeigt sich die Stimmgewalt der Berlinerin. Da wirken die deutschen Texte fast wie ein prosodisches Laufband, über deren zarte Melodien sie die Emotionen zum Publikum transportiert.
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