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Kumm jangk – CD-ReleasekonzertGerd Köster & Frank HockerWartesaal, Köln, 9.9.2014
Text: Ulrich Joosten
Der 1. FC Köln steht nach dem zweiten Spieltag vor Bayern München auf Platz vier der Bundesliga. Im frisch renovierten alten Wartesaal zu Füßen des Doms spielen Köster und Hocker. Beides Labsal für die kölsche Seele: so ein Tag … Das Erscheinen eines Köster/Hocker-Albums ist immer ein Ereignis. Das belegt unter anderem das hohe Promiaufkommen im Saal, der mit etwa fünfhundert Gästen ausverkauft ist. Gerd Köster, genannt Jächt, singt mit wandlungsfähiger Reibeisenstimme auf Kölsch. Mit karnevalistischem Schunkelschwachsinn haben seine Lieder indes wenig zu tun. Es sei denn, er macht sich lustig darüber. „Eure Texte sind immer so zynisch“, habe ihm jemand gesagt. „Zynisch ist es“, kontert Köster, „wenn man ein alkoholfreies Bier ‚Jever Funʻ nennt.“
Zynisch oder nicht: Die Lieder der neuen Scheibe Kumm jangk („Komm geh“) sind zumindest wieder äußerst systemkritisch, sofern man das „Kölschtum an und für sich“ als System begreifen will. Köster kennt sie alle, die urkölschen Typen, die Underdogs, die Verlierer, die verhinderten Großmotzer, die einmal „En Kölle dä King“ sein wollen. Der Sänger porträtiert sie mit beißendem Spott und Sprachwitz, geißelt die politisch Überkorrekten („Jrön“) und bricht eine Lanze für sogenannte „andere sexuelle Orientierung“ („Lecker lesbisch Mädche“). Er hängt mit bittersüßer Poesie einer verflossenen Liebesbeziehung nach („Ruse un Rään“) und demaskiert die doppelte Moral jener Mitmenschen, die ihr Engagement gegen Rassismus von der finanziellen Situation abhängig machen: „Respek es en Hur – hängk an Wedder un Budget / Leis rieselt et Hätz en’t Portemonnaie.“ Zynisch? Treffend jedenfalls und wahrhaftig. Vor allem witzig. Urkölsch, unverfälscht!
Man muss es Köster hoch anrechnen, dass er die Kölner Mundart nicht glättet, damit man ihn im Umland versteht (und engagiert). Frank Hocker ist seit Teenagerzeiten Kösters musikalischer Gegenpart, erst in der Band Zarah Zylinder, später in der legendären Combo The Piano Has Been Drinking. Er hat die Texte gewohnt kongenial vertont, die Musik stilistisch zwischen Barblues, Americana und Akustikrock angesiedelt. An diesem Abend wird er von Ex-BAP-Gitarrist Helmut Krumminga an der zweiten Akustikgitarre unterstützt. Hinzu kommen der geniale Pete Haaser an Akkordeon und Keyboard sowie der frühere Ars-Vitalis-Musiker Buddy Sacher an der E-Gitarre. Hocker und Krumminga sind zwei traumhaft aufeinander eingespielte Ausnahmemusiker. Mit druckvollen Finger- und Flatpickinglicks und rhythmischen Akkordkaskaden bringen sie das Publikum mit einem regelrechten Akustikgitarrengewitter zum Toben.
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