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Backkatalog   Ausgabe Nr. 6/2016   Internetartikel




»Auf Kalaallisut zu texten ist für mich schwieriger als auf Englisch.«
Nive and the Deer Children * Foto: Christina Alonso

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Auswahldiskografie:

Nive Nielsen & The Deer Children, Feet First
(Glitterhouse, 2015)

Simon Lynge, Absence Of Fear
(Natural Machine, 2015)

Nanook, Pissaaneqaqisut
(Atlantic Music, 2014)

Small Time Giants, Stethoscope
(Popup-Records, 2014)


Cover Feet First


Neue Klänge unterm Nordlicht

Nive Nielsen und die Musikszene Grönlands

Grönland durchläuft dramatische Veränderungen. Nirgendwo sind die Auswirkungen des Klimawandels so drastisch zu erleben wie dort, und wohl an wenigen Orten der Erde gibt es eine Kultur, die einem so rapiden Wandel unterzogen ist wie die der Inuit. Wie spiegelt sich das in der Musikszene? Ein Gespräch mit der derzeit bekanntesten Inuitsängerin Nive Nielsen und ein Blick auf die Szene der größten Insel der Welt.

Text: Stefan Franzen

Ihr Auftritt auf der Heidecksburg beim Rudolstadt-Festival ist gerade vorbei, und sie und ihre Band The Deer Children können sich der CD- und T-Shirt-Jäger kaum erwehren. Schließlich hat Nive Nielsen dann doch Zeit für ein Interview. Auf der Suche nach einem ruhigen Platz geht es durch die weitläufige Burganlage, eine Steintreppe hat es ihren nackten Füßen angetan. „Schön kühl hier“, ruft sie, immer noch erhitzt vom Singen in der thüringischen Julisonne. „Lass uns doch hier auf den Stufen sitzen.“
Nielsen stammt aus der grönländischen Hauptstadt Nuuk, und sie könnte die Blaupause sein für die moderne Inuitfrau des einundzwanzigsten Jahrhunderts: studiert, weit gereist, dreisprachig, Indierocksängerin, Hollywoodschauspielerin – und trotzdem den Wurzeln ihrer Kultur tief verbunden. Zur Musik kam sie eher durch Zufall. „In Ottawa habe ich mein Studium der Politikwissenschaften durchgezogen, aber währenddessen merkte ich, dass das alles sehr trocken war, ich brauchte einen Ausgleich. Mein damaliger Freund gab mir eine Gitarre und ermunterte mich dazu, Songs zu schreiben. Ich sagte: ‚Ich singe doch nicht mal!ʻ“ Die Lieder seien plötzlich wie von selbst aus ihr herausgeflossen, beteuert Nielsen. Die Musikerkarriere entwickelte sich aber erst langsam. „Am Anfang war ich so schüchtern, ich schwitzte und zitterte, wenn ich vor Leuten spielte. Nervenzerfetzend! Jetzt bin ich dabei, mich auf der Bühne langsam wohlzufühlen. Deshalb heißt mein aktuelles Album auch Feet First – ich bin mit den Füßen voran ins Wasser gesprungen, und jetzt habe ich gelernt zu schwimmen.“
Ihre Band entspricht ihrem kosmopolitischen Lebenswandel, setzt sich aus Amerikanern, Dänen und Schweden zusammen. Und die Initialzündung für ihre Musik kommt nicht aus der heimatlichen Eis-, sondern eher aus einer Steinwüste. Nachdem Howe Gelb, Chef der Wüstenrocker Giant Sand, ihre Demobänder gehört hatte, vermittelte er ihr den Briten John Parish als Produzent, doch später mischte der Mann aus Arizona bei den Aufnahmen auch selbst mit. Wer sich die Songs ihrer beiden Platten Nive Sings! und Feet First anhört, gewinnt den Eindruck von sehr spielerischer und spontaner, fast infantiler Atmosphäre. Die Arrangements, die um Nielsens helle, unbekümmerte Stimme gebaut sind, durchziehen Twang-Gitarren, Glockenspiel, Streicher, Trompeten, Kinderchöre, Singende Säge und lustige Synthesizer. „Ich bin keine gute Chefin im Studio“, gibt sie zu. „Ich versuche, den Jungs auf sehr lockere Art zu erklären, wie ich mir eine Stimmung vorstelle. Etwa: ‚Es ist stürmisch und kalt, und ihr müsst immer kälter werden, dabei aber nicht wild!ʻ“
Ihr Inuit-Erbe spielt in den Texten eine große Rolle. Immer wieder baut sie Songs ein, die sie im westgrönländischen Idiom Kalaallisut gedichtet hat. „Auf Kalaallisut zu texten ist für mich schwieriger als auf Englisch, ich kenne die Sprache besser und überdenke meine Worte mehr. Das kommt immer dann an die Oberfläche, wenn

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