Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Backkatalog   Ausgabe Nr. 2/2017   Internetartikel
Michael Kleff * Foto: Ingo Nordhofen

Resonanzboden
— Gedanken zur Zeit




[Zurück zur Übersicht]



Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

Oder gleich zum (Schnupper-)Abo.
















Zeichnung: Woody Guthrie
Mit freundlicher Genehmigung von Woody Guthrie Publications


Michael Sez

Freitagnachmittag, 20. Januar. In der US-Hauptstadt Washington findet die Amtseinführung des neuen Präsidenten statt – eines Rassisten und Faschisten. Ich höre sie jetzt schon, die Stimmen, die sagen, man solle mit diesem Begriff nicht leichtfertig umgehen. Doch wer sich die Kriterien anschaut, die Faschismus ausmachen – als da nach Laurence W. Britt unter anderem wären: starker und anhaltender Nationalismus, Geringschätzung der Menschenrechte, Identifizierung von Feinden/Sündenböcken als vereinigende Sache, Vorrang des Militärs, wachsender Sexismus, Besessenheit von der nationalen Sicherheit, Verflechtung von Religion und Regierung miteinander, Schutz unternehmerischer Macht, Unterdrückung gewerkschaftlicher Macht, Geringschätzung Intellektueller und der Künste, Besessenheit von Verbrechen und Bestrafung –, der kann nicht umhin, ihn auf die Regierung anzuwenden, die in den USA an die Macht gekommen ist. Der Fernseher bleibt daher bei mir aus. Die hohlen Reden der Politiker und das religionsgetränkte Gesülze eines homophoben evangelikalen Predigers wie Franklin Graham sind für mich nicht zu ertragen. Mein Arzt hat mir ohnehin geraten: „Herr Kleff, vermeiden Sie Stress, Rotwein ist okay.“ Also schenke ich mir lieber ein gutes Glas Pèppoli-Chianti ein und mache mich auf die Suche nach dem geeigneten Soundtrack für diesen Tag. Ich entscheide mich für ein Album von Bernie’s Autobahnband aus dem Jahr 1980, Ohne Filter. Aus der Feder von Bernie Conrads und Bernhard Schumacher stammt das Lied „Zeit, dass wir reiten“. Wie passend für die uns bevorstehende (politische) Apokalypse:

Es wird Zeit, dass wir reiten – die Flut steigt an
Es wird Zeit, dass wir reiten – alle Mann

Das Gold in den Taschen wird euch zu schwer
Ihr braucht die Taschen und die Mäntel nicht mehr
Die Patronen werft weg samt euren Waffen
Es wird Zeit, dass wir schwimmen, wir könnten es schaffen
Es wird Zeit, dass wir schwimmen

Es wird Zeit, dass wir beten – die Flut steigt an
Zeit, es zu lernen – wer’s noch nicht kann

Klammert euch fest an die Stämme im Wasser
Die Aussichten schwinden, die Hoffnung wird blasser
Vergebt euch die Schulden, vielleicht wird euch verziehen
Wer sein Leben verliert, es war so nur geliehen
Es wird Zeit, dass wir beten

Vielleicht sollte die Jury der Liederbestenliste eine neue Wertungskategorie einführen: „Wiederaufgelegte Juwelen“. So mancher Titel aus den frühen Tagen dieser Mitte der Achtzigerjahre ins Leben gerufenen deutschsprachigen Hitparade hat weit mehr Tiefgang als vieles, was heute auf meinem Schreibtisch oder in meinem E-Mail-Postfach landet.

... mehr im Heft.