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Michael Kleff * Foto: Ingo Nordhofen

Resonanzboden
— Gedanken zur Zeit




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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Zeichnung: Woody Guthrie
Mit freundlicher Genehmigung von Woody Guthrie Publications


Michael Sez

Heute schon „gewhatsappt“? Gespräch war gestern. Im Zeitalter der totalen Vernetzung verkümmert die direkte Kommunikation mehr und mehr. Die meisten Menschen sind mittlerweile permanent online. Ob in der Bahn oder im Bus. Sogar beim Einkauf oder beim Abendessen mit Freunden. „Muss nur noch kurz die Welt retten, / … noch 148 Mails checken“, singt Tim Bendzko über eine Welt, die, wie der Kommunikationsexperte Robert Spengler schreibt, „droht, ihre Kinder zu fressen“. Eine digitale Parallelwelt ersetzt zunehmend die Realität. Auf der Strecke bleiben zwischenmenschliche Begegnungen und die Fähigkeit, sich in direkter Kommunikation auszutauschen. Jetzt ist auch der Folker den Verlockungen der schönen, neuen Netzwelt erlegen und präsentiert sich bei Facebook. Auf die Frage der Chefredakteurin, was die Autorenschaft darüber denkt, kamen weniger als eine Handvoll Rückmeldungen. Facebook, Amazon, Google und Co. sind dabei, die von Aldous Huxley 1932 in seinem Buch Schöne neue Welt beschriebene Gesellschaft, in der vermeintlich „Stabilität, Frieden und Freiheit“ herrschen, und den von George Orwell in seinem 1949 erschienenen Roman 1984 dargestellten Überwachungsstaat Realität werden zu lassen. Und angesichts dieser Entwicklung lautet der Kommentar eines Folker-Mitarbeiters: „Ich bin mit fast jeder Werbung einverstanden.“ Wirklich? Niemand muss bei Amazon kaufen oder Google als Suchmaschine benutzen. Und wirkliche Freunde gibt es bei Facebook auch nicht. Ist es also reine Bequemlichkeit oder ist es (politisches) Desinteresse, dass wir – wie die Lemminge – nicht nur ohne Gegenwehr, sondern sogar auch ohne kritisches Hinterfragen in eine Welt marschieren, die schon bald unser Leben rund um die Uhr kontrollieren wird? Aktuelle Beispiele gefällig? In Kuwait sollen demnächst nicht nur kuwaitische Staatsangehörige, sondern auch Reisende mit ihrer DNS in einer Datenbank gespeichert werden. Offizielle Begründung: Man wolle „Terrorismus und Verbrechen bekämpfen“. Google, in Europa erfreulicherweise in dem einen oder anderen Staat endlich auf der Anklagebank, ist in den USA gerade dabei, Zugang zu den Kabelfernsehboxen der großen Anbieter zu bekommen. Unter dem Vorwand einer angeblichen besseren Auswahl für die Kunden, wird hier die Tür dafür geöffnet, dass der Konzern, wie schon bei seiner Internetsuchmaschine, die Suchergebnisse manipuliert. Der Datenkrake bekommt so nicht nur wertvolle Informationen über die Sehgewohnheiten der Fernsehzuschauer, sondern sie kann auch eigene Produktionen bevorzugt anbieten.

... mehr im Heft.