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Backkatalog   Ausgabe Nr. 5/2015   Internetartikel
»Ich war immer ein freier Geist und habe den Menschen nicht nach dem Mund geredet.«
Reinhard Mey * Foto: Sven-Sebastian Sajak, Wikipedia

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Aktuelles Album:

Dann mach’s gut – Live
(Odeon/Universal, 2015)


Cover dann mach's gut live


Ein Geschichtenerzähler

Reinhard Mey

Von Superlativen unbeeindruckt

„Es wurde wirklich schon alles gefragt“, meint Reinhard Mey mit Blick auf die schier unzähligen Interviews, die er im Laufe der Jahrzehnte seiner Karriere gegeben hat. Es gibt auch nichts, was er einmal ungefragt loswerden möchte? „Alles, was ich sagen möchte, sage ich auf meine Art in meinen Liedern.“ Und dann ist da doch noch ein Thema, über das Mey noch nicht gesprochen hat: seine Leidenschaft für Wiking-Modellautos. Sein erstes Sammlerstück? „Ein blaues Cabriolet, ich tippe mal auf BMW 328, eines der ersten Wiking-Modelle, noch mit Drahtachse und aufgesteckten Rädern. Meine Mutter hat es mir 1949 für Tapferkeit beim Zahnarzt geschenkt.“

Text: Michael Kleff

Schon seit Mitte 2004 weist Reinhard Mey auf seiner Website darauf hin, dass in Foren und Archiven wie Wikipedia oder Munzinger „sachliche Fehler, haarsträubender Unfug und schlichte Zeitungsenten“ zu ihm auftauchen. Informationen, die mit größter Vorsicht zu genießen seien. „Ich habe so viel Blödsinn, Gerüchte und Quatsch über mich gelesen und vergessen, und lass all das in der Versenkung ruhen, sonst würde ich den Unfug ja selbst weiter verbreiten!“ Können wir dennoch ein Beispiel für „haarsträubenden Unfug“ bekommen? „Okay, eine Sache – es hieß vor circa zwanzig Tourneen, ich hätte auf der Bühne einen Stromschlag gekriegt und ginge seitdem nicht mehr auf Tour …“ Dem Künstler eilt zudem der Ruf voraus, auch seine „Vermarktung“ streng kontrollieren zu wollen. „Ich halte, wo immer es geht, gern die Fäden in der Hand. Ich nehme meine CDs auf, freue mich, wenn sie erscheinen und wohlwollend beim Publikum aufgenommen werden, aber ich möchte nichts Marktschreierisches, keine Übertreibungen, keinen Personenkult, keine erfundenen Geschichten um mich oder meine Familie, die sich selbstständig machen und besonders heute – so falsch sie auch sein mögen – nicht mehr aus der Welt verschwinden.“
Viele nennen den Schöpfer und Interpreten von so populären Titeln wie „Über den Wolken“ oder „Gute Nacht, Freunde“ den „beliebtesten Sänger der Deutschen“. Was er mit einem solchem Attribut anfängt? „Von Superlativen – ‚der Beliebteste, der Schönste, der Größte, der Dickste‘ – lasse ich mich nicht beeindrucken, aber wenn es so sein sollte, freute mich das natürlich.“ Meys Erfolg beruht in weiten Teilen darin, seinem Publikum die kleinen und die großen Sachen im Leben nahezubringen. Worum geht es ihm, wenn er einen Text schreibt? Über das Verhältnis von Alltag und Gesellschaft sagte Pete Seeger gerne: „Global denken, lokal handeln.“ Und Woody Guthrie meinte: „Man kann nur über das schreiben, was man sieht.“ „Recht haben sie, die beiden großen Meister. Ich beschreibe, was ich sehe, meine, fühle, und zwar alles, und wenn es ein Paar Schuhe sind, ein Mantel oder ein Taschentuch. Ich schreibe über Menschen, die mich interessieren, Otto Lilienthal, Chet Baker oder Doktor Berenthal, aber ich fabuliere auch gern oder lehne mich an Märchen an, mit wahrem oder ernstem Hintergrund.“
Auf dem Höhepunkt der Mai-Unruhen in Paris 1968 war Reinhard Mey in Frankreich. Viele Künstler wurden durch diese Ereignisse politisiert und radikalisiert. Bei ihm passierte das Gegenteil. Warum? „Weil ich Gewalt aus tiefster Überzeugung ablehne. Ich konnte zwar die Beweggründe verstehen und teilte viele Überzeugungen der Demonstranten, aber sie mit Pflastersteinen durchzusetzen, hielt ich nicht für das richtige Mittel.“ Auch rein persönlich hatte der damals sechsundzwanzig Jahre alte Musiker keinen Grund sich aufzulehnen. „Meine Eltern waren sehr liberal und liebevoll, sie waren keine Nazis und keine falschen Fuffziger, sie haben nicht geschwiegen, nichts vertuscht, und sie ließen mir in Kinder- und Jugendzeit alle Freiheit.“

... mehr im Heft.