Auswahldiskografie:
MAKU Sound System, Mezcla (Glitterbeat/Indigo, 2016)
Rancho Aparte, ¿De Quién Es La Tierra? (Eigenverlag, 2016)
Sidestepper, Supernatural Love (Real World, 2016)
Carmelo Torres y Los Toscos, Carmelo Torres Y Los Tosco (EP; Names You Can Trust, 2016)
Edmar Castañeda World Ensemble, Live At The Jazz Standard (Arpa y Voz Records, 2015)
Las Añez, Silbidos (MSF, 2014)
Paíto y Los Gaiteros de Punta Brava, Colombie/Colombia (Ocora/Radio France, 2013)
Orquesta Filharmónica de Bogotá, Mestizajes (FM Discos, 2009)
Bloque de Búsqueda, Bloque De Búsqueda (Luaka Bop, 1998)
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Wo Saale und Río Magdalena zusammenfließenLänderschwerpunkt KolumbienEin Überblick
Drei von fünfunddreißig Ländern des amerikanischen Doppelkontinents bildeten bislang einen Länderschwerpunkt, diesen zur dritten „neudeutschen“ Ausgabe 1993 initiierten, beliebten Festivalprogrammteil des Rudolstädter Festivals. Seither geht es im Wechsel in ein europäisches oder außereuropäisches Land, dessen Musik in Konzerten, Vorträgen und Ausstellungen abgebildet wird. In Sachen Amerika führten die Veranstalter 2003 nach Kanada, 2007 in die USA sowie zuvor auf die Kleinen Antillen, jene Inselkette in der östlichen Karibik. Anderswohin nach Mittelamerika oder in den musikalisch so populären Süden wurde das Publikum nur einmal mit dem Brasilien-Schwerpunkt 2005 gelotst. Von daher war die Freude bei den vielen Fans lateinamerikanischer Musik groß, als 2011 – dem Festivalbrauch gemäß – zur feierlichen Abschlussgala auf dem Rudolstädter Marktplatz Kolumbien als kommender Schwerpunkt preisgegeben wurde. Doch dann machte China zum TFF 2012 das Rennen. Vier Sommer später kommt nun endlich die musikalisch reizvolle Musiknation zum Zug samt ihres Wahrzeichens, der zum Festivaltanz des Jahres deklarierten Cumbia.
Text: Katrin Wilke
In Kolumbiens Musik geht jeder Tanz auch mit ganz bestimmten Rhythmus- und Gesangstraditionen einher – so auch die originär afrokaribische Cumbia, als deren Königin die 1940 im Bundesstaat Bolívar geborene Totó la Momposina gefeiert wird. Die imposante, über alle Altersmüdigkeit erhabene Sängerin war bereits 1995 mit ihren „Tambores“ zu Gast in Rudolstadt und einer von insgesamt sieben kolumbianischen Acts, die in den vergangenen zwanzig Jahren die Festivalbesucher bereits auf ihre originellen Allianzen zwischen Moderne und Tradition einstimmten. Mit dabei waren einige der aktuell populärsten, längst international bestens funktionierenden Bands Kolumbiens, die zwischen Folklore und Elektro, gerne mit einem künstlerisch interdisziplinären Ansatz sowie zumeist kollektivem Selbstverständnis agieren: das karibisch verortete Systema Solar, Bomba Estéreo aus Bogotá sowie Ondatrópica, ein derzeit auf „tropischem Eis“ liegendes Projekt, weil sein maßgeblicher Drahtzieher, der britische Produzent Quantic alias Will Holland nach sieben Jahren in Kolumbien seinen Lebensmittelpunkt nach New York verlegt hat.
Doch ist er längst nicht der einzige „außerirdische“ gute Geist im an internationalen musikalischen Joint Ventures durchaus reichen Kolumbien. Landsmann Richard Blair, auf Einladung von Peter Gabriel schon Anfang der Neunzigerjahre dort gelandet und hängen geblieben, produzierte Alben namhafter Sänger wie Carlos Vives und Totó la Momposina. Der Brite, von Haus aus Toningenieur, hat mit seinen Ideen die Szene in und außerhalb Bogotás nachhaltig aufgemischt und entscheidende Türen geöffnet für die heute überaus agile, kreativ zwischen Folk, Jazz, Rock und Elektronik vermittelnde Bewegung der sogenannten „Nueva Música Colombiana“. Manche meinen, dass Blair gar derjenige war, der einst im Heimatland der Cumbia deren elektrifizierte Variante einführte, die längst weltweit populäre Cumbia Digital. Wahr oder nicht – fest steht, dass sein wichtigstes Work-in-Progress-Projekt Sidestepper vor zwanzig Jahren neue klangästhetische Maßstäbe setzte mit seiner sehr eigenen, treibenden Melange aus afrokaribischen Traditionen und zum Beispiel Drum and Bass. Nach einer mehrjährigen Pause meldete sich Sidestepper kürzlich mit dem Album Supernatural Love zurück und wird diese Wiedergeburt auch in Rudolstadt feiern. Das Album ist naturbelassener – gemäß dem Albumtitel –, dabei nur teils den kolumbianischen Roots nahe, eher panamerikanisch anmutend und akustisch im Vergleich zu jenen elektrifizierten Anfängen.
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