Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Backkatalog   Ausgabe Nr. 6/2017   Internetartikel
Markus Reinhardt beim Zigeunerfestival 2012

Heimspiel


Weitere Artikel aus der Rubrik Heimspiel in dieser Ausgabe:

Jüdische Kultur in Berlin-Neukölln

Fünfzig Jahre Trikont

BR Heimat





[Zurück zur Übersicht]



Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

Oder gleich zum (Schnupper-)Abo.







Albumtipp:

Diverse, Walzer – Schottisch – Poloness. Folkmusik aus alten Handschriften
(Bluebird Café Berlin Records, 2014)



Zwischen Rheinland und Rajasthan

Zigeunerfestival in Köln

Internationale Musikkultur

Der Geiger Markus Reinhardt und seine Kölner Mitstreiter rücken die Musikkultur der Zigeuner in den öffentlichen Fokus. Mit sommerlichen Festivals und Konzertnächten in anderen Jahreszeiten fügen sie der regionalen Musikszene einige besonders schillernde Facetten hinzu.

Text: Bernd. G. Schmitz

Auf dem 1996 veröffentlichten Album Humba 2 des internationalen Kölner Musikernetzwerks Humba Efau findet sich eine Art Minihörspiel des Markus Reinhardt Ensembles. Der kölsche Titel des Stücks: „Em Bloot“ („Im Blut“). Gleich zu Anfang hört man darin einen um politische Korrektheit bemühten Kölner fragen: „Wie muss ich denn jetzt sagen? Sind Sie Sinti oder Roma?“ Die selbstbewusste Antwort: „Wir sind Zigeuner – aus Ehrenfeld sind wir!“
Markus Reinhardt, Großneffe des französischen Jazzgitarristen Django Reinhardt, bringt damit auf den Punkt, was Fakt ist: Familien wie die seine mögen ursprünglich aus Süd- oder Osteuropa kommen, sie sind aber meist schon lange woanders verwurzelt. Reinhardt und seine Musiker empfinden sich ebenso als Kölner oder Rheinländer wie als Sinti oder Roma – und haben mit dem Wort „Zigeuner“ keine Probleme, im Gegenteil. „Wir verwenden den alten Kulturbegriff, weil er durch die Konstruktion ‚Sinti und Roma‘ auch nach Meinung vieler Zigeuner nicht wirklich ersetzt werden kann.“ Außerdem fühlten sich andere Gruppen – wie zum Beispiel die Kalderasch und Kalé – ausgeschlossen, wenn man von Sinti und Roma spräche.

Organisation über Vereinsarbeit

Die möchte Reinhardt aber mit im Boot haben, wenn es darum geht, die Vielfalt der Zigeunerkultur ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit zu rücken. Dazu haben er und sein in Köln-Roggendorf ansässiger Verein Maro Drom, Kölner Sinti und Freunde, sich mit anderen zusammengeschlossen. Bei der Organisation von bislang drei Zigeunerfestivals wirkten deshalb nicht nur der Humba Efau mit, sondern auch der kulturelle Förderverein der Kölner Lutherkirche, der Südstadt-Leben e. V.
Dem Humba Efau ist Markus Reinhardt seit dessen Gründung im Jahr 1994 eng verbunden. Bei der alljährlich zum Karneval stattfindenden Humba-Party standen Reinhardt und sein Ensemble häufig auf der Bühne. Mit Jan Krauthäuser, dem unermüdlichen Motor des Vereins, entwickelte er dann 2009 die Idee zu einem Festival, bei dem die Zigeunerkultur, vor allem aber deren Musik im Mittelpunkt stehen sollte. Das anschließend gebildete Organisationsteam, zu dem auch Sonja Grupe vom Förderverein der Lutherkirche und der Musiker Rudi Rumstajn gehören, nennt sich in Anspielung auf das Festkomitee des Kölner Karnevals augenzwinkernd „Zigeunerfestkomitee“.
Das Festival 2017 fand im Juni statt. Waren 2012 und 2015 noch überwiegend Bands aus Südosteuropa vertreten, so gab es im vergangenen Sommer auch Musiker aus Holland, Frankreich und Spanien. Am weitesten angereist waren die Dhoad Gypsies of Rajasthan, der Region in Nordindien, aus der einer weit verbreiteten Hypothese nach die Vorfahren der Roma einst nach Europa einwanderten. Neben dieser Gruppe und dem international bekannten Rosenberg Trio – Stochelo Rosenberg spielte die Gitarrenklänge zum aktuellen Kinofilm über Django Reinhardt ein; eine Besprechung findet sich unter „Musik im Film“ auf Seite 10 in diesem Heft – waren auch in Nordrhein-Westfalen ansässige Musiker zu hören, was Teil des Festivalkonzepts ist. Die Gruppe Gypsy Soul zum Beispiel ist das Ergebnis von Markus Reinhardts langjähriger Projektarbeit mit Jugendlichen. Die Band der serbischen Familie Jankovic entdeckte Rudi Rumstajn in einem Kölner Flüchtlingsheim. Bei deren Auftritten stehen gleich drei Generationen auf der Bühne: Vater Zoran als Sänger, Sohn Miki am Keyboard und Enkel Kristijan am Saxofon.

... mehr im Heft.