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Unanständig war gestern35 Jahre MetropolMusik, Theater, Kleinkunst und Musical in Wien
Auf Schickimicki-Chic kann das Metropol verzichten, denn es ist ein traditionsreicher Betrieb. Es gibt Musiker, die ihn als ihr Wohnzimmer beschreiben. Ein Besuch lohnt. Schließlich treffen sich Familienangehörige.
Text: Harald Justin
Vom Wiener Westbahnhof geht es mit der U-Bahn U6 vier Stationen stadtauswärts bis zur Alser Straße. Danach folgt ein etwa zehnminütiger Fußweg entlang der Hernalser Hauptstraße. Hernals ist der 17. von 23 durchnummerierten Stadtbezirken Wiens, doch die Hernalser Hauptstraße, die sich in Richtung Wienerwald schleicht, ähnelt keiner Hauptstraße. Entlang der schmalspurigen Einbahnstraße kommen die Häuser ohne die mehrgeschossige Gründerzeitpracht der inneren Stadt aus. Der Weg zum Metropol führt auch nicht an hochpreisigen Modegeschäften vorbei, sondern an Handyläden, die zudem Alkoholika verkaufen. Livius Bistro hat schon seit Monaten geschlossen, aber der Balkangrill gegenüber mitsamt der Tankstelle nebenan haben ebenso geöffnet wie ein Restaurant mit „original Wiener Küche“. Im Ladenlokal vom Pizza-Bringdienst ist es dunkel, im nächsten Geschäft wird gearbeitet. Baustelle. Ein Baugerüst und eine Kneipe weiter befindet sich wiederum ein Handyalkoholikareisfachgeschäft neben einem Erotikbedarfshandel.
Endlich, an der Hausnummer 55, steht man unter einer Scheinwerferanlage und einer Auslage mit Musikerpostern. Die Dublin Legends sind im Bild anwesend, ebenso der Wahlwiener Blueser Hans Theessink. Neben den Bildern international bekannter Stars befinden sich die eher lokalen Größen wie Monti Beton oder Michael Seida. Zudem präsentieren sich mehrere Musical- oder Kabarettproduktionen mit bunten Plakaten. Eine Einfahrt gibt den Weg in einen Hinterhof und den Blick auf eine altertümliche grüne Holzfassade frei. So sieht das Metropol von außen aus.
Berühmt-berüchtigtes Innenleben
Im Innern, seit Anfang der Achtziger renoviert, wird gefeiert. Die Bar ist lang, gut bestückt und gibt den Blick auf einen von goldfarbenen Säulen gestützten Innenraum und eine von drei Seiten einsehbare Bühne frei. Früher, so erzählt Adelheid Lentze, nach dem Chef Peter Hofbauer mit zwanzigjähriger Diensterfahrung zweitälteste Metropolistin, habe man die Kinder in den Schulen vor diesem Etablissement gewarnt. Damals, bevor das Metropol zu einem Musikspielort wurde, fanden hier Nackttänze statt, heute ist es auch für Hans Theessink zum zweiten Wohnzimmer geworden. Seine sich über zwei Tage hinziehende Geburtstagsfeier mit Gästen wie Donovan oder Jack Clement fand hier statt. Der Holländer fühlt sich allemal wohl unter mitsingenden Freunden. Auch die Dublin Legends und schon deren Vorgänger, die Dubliners, waren und sind im Metropol gerne mehrere Tage lang zu Gast, Groupies eingeschlossen. „Mit ihnen ist das Haus immer voll, da kommen alte und neue Fans!“, so Lentze.
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