Albumtipp:
Westerwald Pipers, Crossover (Eigenverlag, 2016)
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Starke Frauen hörbar machenSalam OrientEin altgedientes Festival mit neuer, weiblicher Leitung
Gäbe es das Salam Orient Festival in Wien nicht bereits seit Jahren, es müsste jetzt erfunden werden. Heute, in Zeiten arabisch-afrikanischer Schutzsuchender, einem reaktionärem Rollback und einer Neubewertung der Geschlechterrollen, ist dieses Musikfestival so wichtig wie nie zuvor.
Text: Harald Justin
Wien, Frühjahr 2017: Norbert Ehrlichs Sorgenfalten furchen tief. Die Weltlage! „Flüchtlingskrise“! Alltägliche Hetze gegen „nordafrikanische Intensivtäter“! Zudem ist der befreundete türkischstämmige Wiener Musiker und Mitarbeiter Alp Bora gerade verstorben. Gleichzeitig wirkt Ehrlich entspannt. Denn er freut sich auf sein Pensionistendasein. Er lehnt sich zurück: Vor fünfzehn Jahren hat er das Festival Salam Islam gegründet, das, alsbald in Salam Orient umbenannt, sich der Musik jener Länder verpflichtet fühlt, die vom Islam geprägt wurden. Nun hat er, eine Sorge weniger, die Leitung in vier Frauenhände gelegt. Sie gehören Katrin Pröll und Martina Laab.
Beide sind ausgewiesene Kennerinnen. Pröll hat einst mit dem eigenen Atlas-Label Musik aus nordafrikanischen Ländern veröffentlicht und betreibt mit ihrer Atlas-Agentur kulturelles Projektmanagement. Das Kasumama und das Chiala Afrika Festival werden von ihr ebenso betreut wie Roma-Musikprojekte. Seit 2011 ist sie im Vorstand der IG World Music Austria (IGWMA) und richtete als Geschäftsführerin die Austrian World Music Awards 2014 und 2015 aus. Mit in der IGWMA und bei den Austrian World Music Awards ist Martina Laab, die seit über zehn Jahren Festivalplanung betreibt und seit 2016 für die Programmplanung im ORF Radiokulturhaus verantwortlich ist. Warum das Duo Ehrlichs Nachfolge antreten sollen, beantwortet er mit einem Verweis auf ihren unbestrittenen Erfahrungsreichtum: „Beide Frauen haben höchste Kernkompetenz.“ Katrin Pröll, die so gut Deutsch wie Hindi und Arabisch spricht, erklärt die näheren Umstände: „Dank meiner viele Reisen durch Marokko und Indien konnte ich Norbert öfter Tipps über die dortigen Szenen geben.“ Allerdings, so ergänzt Laab, könne das dynamische Damenduo noch einen weiteren Vorteil für sich verbuchen: „Ausschlaggebend für seine Wahl war, dass er unsere Art der Zusammenarbeit schätzte.“ Pröll fügt hinzu: „Wir kennen uns schon so lange und haben schon oft als Team zusammengearbeitet“, während Laab sagt: „Unser Enthusiasmus ist ansteckend!“ Zustimmendes Gelächter. Tatsächlich, die Dynamik funktioniert. Sie und das Programm des kommenden Festivals, das vom 17. bis 31. Oktober stattfindet, widerlegen die in Österreich mehrheitsfähige Meinung, die in der größten Tageszeitung des Landes noch einmal ventiliert wurde, als kürzlich die Wahl einer weiblichen Doppelspitze bei den österreichischen Grünen mit den Worten kommentiert wurde: „Doppelt dämlich!“
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