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Backkatalog   Ausgabe Nr. 5/2016   Internetartikel
 

Folker-Halbmast



Robin McKidd

ROBIN McKIDD


1947, Dundee, Schottland
bis 26.5.2016, Dundee, Schottland


Von Kollegen ist überliefert, dass Robin McKidd nur ungern seine Heimat der Gigs wegen verließ; ja, Skandinavien konnte noch angehen, aber am wohlsten fühlte er sich eben in Schottland. Selbst dort erschienen erst zwei Wochen nach seinem Tod (er litt an einem Lungenemphysem) Nachrufe, die seine Rolle für die britische Folk- und Bluegrassszene würdigten. Der „musician’s musician“ galt als begnadeterer Instrumentalist (Fiddle, Banjo, Gitarre) und liebenswerter, wenn auch etwas introvertierter Menschenfreund. Als Student mischte er schon früh in der regionalen Folkszene mit, vor allem im Glasgow Folk Centre. Dort traf er unter anderem mit Rab Noakes und dem Folkcomedian Billy Connolly zusammen. Mit letzterem ging McKidd auf Tour, ebenso mit Lindisfarne und den Strawbs. Mit Geraint Watkins hatte er 1983 die Balham Alligators gegründet, eine dem Cajun verschriebene Combo. Er wirkte mit auf John Watts’ hochgelobtem Album Shores Of The Forth (1976) oder Chris Jaggers Atcha! (1994).

Roland Schmitt



Henry McCullough 2004

HENRY McCULLOUGH


21.7.1943, Portstewart, Nordirland
bis 14.6.2016, Ballywindelland, Ballymoney, Nordirland


Ab seinem Auftritt beim Woodstock Festival 1969 als Gitarrist von Joe Cockers Grease Band gab er über Jahrzehnte hin den netten, etwas verschrobenen Hippie. Charakteristisch seine lange rote Mähne, die oft ein breitkrempiger Hut bedeckte. Henry McCullough war alles andere als ein begnadeter Sänger, dafür aber brillant auf Gitarre und Mandoline, und seine Qualitäten als Songwriter sprachen sich auch herum. Seine Ballade „Belfast to Boston“ coverte zum Beispiel die Battlefield Band. Als Jungspund hatte er in Showbands gespielt, dabei gehörte seine Liebe vielmehr Blues, Rock, Folk und Country. Sein Idol war Hank Williams. Auf Anfrage seines Freundes Johnny Moynihan ersetzte er 1968 Andy Irvine beim (inzwischen legendären) Trio Sweeney’s Men, führte die E-Gitarre ein – was etlichen Fans missfiel. Unzählige Stationen als Bandmitglied (zum Beispiel Paul McCartneys Wings) und Sessionmusiker folgten (unter anderem Donovan, Roy Harper, Ronnie Lane). Von einem 2012 erlittenen Herzinfarkt erholte er sich nicht mehr.

Roland Schmitt



Dr. Ralph Stanley

RALPH STANLEY


25.2.1927, McClure, Virginia, USA
bis 23.6.2016, Matoaca, Virginia, USA


„O Tod, würdest du mich noch ein Jahr verschonen?“, flehte Ralph Stanley 2000 im Stück „O Death“ – dem Traditional, das ihm im Zuge des Films O Brother, Where Art Thou Ruhm über die Bluegrassszene hinaus beschert hat. 2002 erhielt er für diese bewegende A-cappella-Interpretation einen Grammy. Vier Jahre später ehrte ihn die Nation mit der National Medal of Arts, der höchsten staatlichen Auszeichnung für einen Künstler in den USA. Ralph Stanley kam 1927 im Nest McClure, Virginia, zur Welt. Seine Mutter schenkte ihm das erste Banjo, als er Teenager war, und er lernte es im Clawhammer-Stil zu spielen. Gerade aus der Armee entlassen, gründete er 1946 gemeinsam mit seinem älteren Bruder, dem Gitarristen Carter Stanley, die Clinch Mountain Boys. Die Brüder gehörten zu den Bluegrass-Pionieren und feierten zunächst Erfolge mit Songs von Bill Monroe, bevor besonders Carter eigene Stücke beisteuerte. Ralph überzeugte bei den Stanley Brothers mit seinem markanten Tenor und einer selbst entwickelten Art des Banjospiels, die als Stanley Style bezeichnet wird. Nach Carters Tod 1966 setzte Ralph Stanley die Karriere unter eigenem Namen fort – bis ins hohe Alter. Mit 89 Jahren ist er nun an Hautkrebs gestorben.

Volker Dicke



Sigi Maron 2014

SIGI MARON


14.4.1944, Wien, Österreich
bis 18.7.2016, Baden bei Wien, Österreich


Laut Tagespresse war Sigi Maron ein „undogmatischer Kommunist“. Zudem war er Rollstuhlfahrer, krankheitsbedingt. Beides mag zu seiner Sensibilisierung beigetragen haben, die ihn dazu befähigte, die Kritik an den sozialen Verhältnissen mit Musik zu verbinden. Im Rollstuhl sitzend, Gitarre spielend und mit ätzender Sozialkritik, so kannte man ihn, und man muss kein Kommunist und Rollstuhlfahrer sein, um zu verstehen, dass es ihm nicht darauf ankam zu gefallen. Gefälligkeit, das war nicht das, was er suchte. Im breiten Wiener Dialekt sang er von „ana hortn Wochn“ mitsamt dem Refrain „Leckt’s mi am Oasch“, und wurde in den Achtzigerjahren, zur Hochzeit der Liedermacherszene in Österreich, ein respektierter Querulant unter seinesgleichen. Selbst wenn ihm gesundheitliche Probleme künstlerische Pausen abnötigten, meldete er sich als Stimme des Protestes immer wieder zu Wort. Ob einst in der Anti-Atom- und Friedensbewegung oder gegen die „Verblödungsmaschinerie“ des Staatsfunks, Maron war mit dabei. Auch dem Zweiundsiebzigjährigen kam das Wort Altersmilde nicht über die Lippen. „Ich habe die Alterswut“, sagte er, „weil ich zuschauen muss, wie alles, für das ich und viele andere gekämpft haben, verwässert oder schlechter gemacht wird.“ Der österreichischen Zivilgesellschaft hätten einige Stimmen mehr von der Art Sigi Marons gut getan. „Seine klare Stimme gegen Diskriminierung und Ausbeutung wird fehlen“, heißt es anlässlich seines Todes. Zu Lebzeiten allerdings ließ man ihn öfter spüren, wie unerwünscht Behinderte, Linke und Liedermacher sind.

Harald Justin