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Backkatalog   Ausgabe Nr. 1/2017   Internetartikel
Heinz Ratz * Foto: Ingo Nordhofen

Resonanzboden
— Gedanken zur Zeit

Gastspiel





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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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offensivbuero.de



Autoreninfo:


Heinz Ratz, Jahrgang 1968, ist kultureller Tausendsassa, halb deutsch, halb peruanisch. In den vergangenen Jahren machte er mit seinem „Moralischen Triathlon“ auf sich aufmerksam: Zugunsten einer gerechteren Flüchtlingspolitik, von Obdachlosen sowie Artenschutzprojekten lief, schwamm und fuhr er mit dem Fahrrad durch ganz Deutschland. Im November erschien sein aktuelles Album Herzwäsche mit seiner Band Strom & Wasser.


Statt Resignation Einsatz für das demokratische Haus

Das Büro für Offensivkultur

Für den Bürger, der sich noch um Menschlichkeit, soziales Gleichgewicht und kulturelle Offenherzigkeit bemüht, gibt es angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen in Deutschland eigentlich nur zwei Möglichkeiten: alles passiv hinnehmen und in eine kopfschüttelnde Resignation verfallen oder aber die Ärmel hochkrempeln und den Schäden und Rissen im demokratischen Haus mit guter Laune und handwerklichem Geschick begegnen. Während erstere Gruppe im gesellschaftlichen Prozess keine oder eine nur sehr bedauernswerte Rolle spielt, ergibt sich für letztere die Frage: Wo packe ich an, wo kann ich mich mit meinen Kräften und Talenten am besten einbringen? Und vor allem: An wen wende ich mich, wenn die Situation vor Ort meine Kräfte übersteigt oder eine größere Öffentlichkeit braucht, als ich sie schaffen kann? Hier kommt das BOK ins Spiel, das Büro für Offensivkultur, eine Initiative, die Konstantin Wecker und ich gemeinsam ins Leben gerufen haben.

Text: Heinz Ratz

Das BOK soll sich auf der Basis von Spenden, Sponsoren und Eintrittsgeldern finanzieren. Angestrebt wird ein pazifistisches, antifaschistisches Netzwerk aus Künstlern, Veranstaltern und lokalen Vereinen, das ein sofortiges Reagieren auf Menschenrechtsverletzungen, rechte Bedrohung oder Umweltdelikte in Form sich wirksam Gehör verschaffender kultureller Veranstaltungen möglich machen soll. Wenn also irgendwo Not am Mann ist, besonders in kleineren Städten mit weniger ausgeprägten alternativen Infrastrukturen, können interessierte Aktivisten bei der Initiative anfragen. Sie wird unbürokratisch und in kurzer Zeit Mittel und Wege finden, nicht nur ein wirkungsvolles Team von Künstlern aus den Bereichen Musik, Theater und Kabarett zu organisieren, die sich für die jeweilige Sache einsetzen wollen, sondern darüber hinaus auch Bühnentechnik, Spielorte, Verpflegung, Berichterstattung in den Medien sowie ein Zusammenziehen politischer Kräfte vor Ort ermöglichen. Dabei sollen die Künstler nicht auf Gage verzichten müssen und die anfragenden Initiativen nicht von zeitraubenden Geldbeschaffungsmaßnahmen blockiert werden. Das alles soll über das BOK geregelt und finanziert werden.
„Ist so etwas schon nötig?“, wird sich mancher fragen. Als Antwort will ich gar nicht mal die Angriffe auf Flüchtlingseinrichtungen anführen, die 2016 in vierstelliger Zahl stattfanden, sondern den einfachen Hinweis geben, dass wir mit Strom & Wasser seit Jahren eine Auftrittspolitik verfolgen, die uns bewusst in Gegenden führt, in denen Demokratie und kulturelle Offenheit bereits Verteidigungskämpfe führen müssen. Wir haben die Demokratiewochen in Bautzen eröffnet – eine Woche vor den dortigen Ausschreitungen. Der Bürgermeister sprach, der DGB war vertreten, genauso wie diverse Organisationen und einige Leute, die für unser Konzert aus Görlitz und Dresden angereist waren – insgesamt aber erschreckend wenige für eine so groß angelegte Veranstaltung –, während von Passanten immer wieder hämische rechte Parolen gerufen wurden. Wir haben in Niesky gespielt, im Holz, einem Jugendzentrum, dem nun der kulturelle Todesstoß versetzt werden soll, weil die Stellen der Sozialarbeiter durch Einsparungen im Integrationsbereich gekürzt werden. Gleichzeitig hat die aus der berüchtigten neofaschistischen SSS (Skinheads Sächsische Schweiz) hervorgegangene Schlesische Jugend ein neues Haus im Bahnhofsgebäude der Stadt bekommen.

... mehr im Heft.

Dies ist eine Kolumne. Für die Inhalte der hier veröffentlichten Texte sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Diese Inhalte spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.