Albumtipps:
The Mahones, The Hunger & The Fight – Part 1 & 2 (Wolverine Records/Soulfood, 2014+2015)
Nyah Fearties, A Tasty Heidfu’ (Dead on Production, 1986; Wieder-VÖ: Atypeek Music, 2014)
Malasañers, Spanish Eyes (Wolverine Records/Soulfood, 2014)
The Real McKenzies, Westwinds (Fat Wreck/Edel 2012)
Floggin Molly, Speed Of Darkness (Borstal Beat/Cargo, 2011)
Blood or Whiskey, No Time To Explain (Reprieve Records, 2001)
The Pogues, If I Should Fall From Grace With God (Stiff Records/WEA, 1988; Wieder-VÖ: Warner, 2004)
The Pogues, Rum, Sodomy & The Lash (Stiff Records/WEA, 1985; Wieder-VÖ: Warner, 2004)
The Men They Couldn’t Hang, Night Of A Thousand Candles (Demion Records, 1985; Wieder-VÖ: Diabolo/Edel, 1997)
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Pogue mahone – „Leck mich am Arsch!“Die Welt spielt keltischen Folkpunk
Póg mo thóin oder in seiner englisch Schreibweise „pogue mahone“ – „Leck mich am Arsch“ – ist längst Weltliteratur. Man muss dafür nicht Goethe zitieren, auch James Joyce hielt es für die Ewigkeit fest. „Pogue mahone! Acushla machree! It’s destroyed we are from this day! It’s destroyed we are surely!“*, so klingt es in seinem unsterblichen Ulysses. Besser lässt sich Folkpunk nicht auf den Punk(t) bringen. Um den gewissen Finger zu zeigen, lässt sich das noch verkürzen, wie die Pogues und die Mahones mit ihren Namen schlicht illustrieren.
Text: Stefan Sell
Würden überall alle Folkpunk spielen, die Welt, sie bliebe bunt. Von Australien (Between The Wars) über Brasilien (The Leprechaun) und Indonesien (Gerap Gurita oder Rain in Summer) bis hin nach Japan (Modern B Beard) frönen Bands dem Folkpunk mit irisch-keltischen Wurzeln – und sie haben Konjunktur. Erstaunlich daran ist, dass nur ganz wenige aus Irland kommen. Doch es gibt sie, wie das Beispiel Blood or Whiskey aus dem County Kildare zeigt, und die Urväter dieses Genres, die Pogues, können immerhin darauf verweisen, dass ihr charismatischer Kopf Shane MacGowan als Sohn irischer Eltern zwar in England geboren wurde, die ersten sieben Lebensjahre aber in Tipperary verbrachte. Seine Mutter war Musikerin und Tänzerin, die irische Musik wurde ihm zum Lebenselixier.
Sein legendärer Einstieg in die Welt der Medien war ein Zeitungsfoto von einem Clash-Konzert, das MacGowan mit blutendem Ohr zeigt. Es hieß, Jane Crockford wäre die Urheberin gewesen. Sie war drei Jahre später Gründungsmitglied der Mo-dettes, einer der ersten Frauenpunkbands. MacGowans erste Band hieß The Nipple Erectors, „die Brustwarzenerreger“, kurz The Nips. Damit ist schon viel gesagt über die Provokationen der Pogues gegenüber den Konventionen. Hier zeigt sich auch wieder die Verbindung zu James Joyce: Seine hemmungslose, vor Obszönitäten nicht zurückschreckende, auf Zensur drängende Schreibkunst hat ihn lange als Underdog der Literaturszene erscheinen lassen, bevor er in die Sphären der Weltliteratur aufsteigen durfte. Kein Wunder, dass sein Konterfei auf einer Version des Covers des erfolgreichsten Pogues-Albums If I Should Fall From Grace With God zu sehen ist. Irisch zu fühlen, aber außerhalb Irlands zu leben, das teilt MacGowan nicht nur mit Joyce, der den größten Teil seines Lebens im Exil verbrachte und dennoch sagte, dass ihm Dublin ins Herz eingeschrieben sei: „When I die Dublin will be written in my heart.“ Gäbe es gleich dem Olymp der Weltliteratur einen für keltischen Folkpunk, die Pogues hätten hier Hausrecht.
Mit ihnen eng verbunden sind die 1984 gegründeten The Men They Couldn’t Hang aus Southampton. Ihr Bassist Shanne Bradley war bereits in MacGowans Band The Nips dabei, Sänger Stefan Cush war eine Zeitlang Roadie bei den Pogues. MacGowan soll auch die Idee für den Namen der Band gehabt haben. Er lieferte die Geschichte, wonach trotz unklarer Beweisführung ein Mann gehängt werden sollte, der verantwortliche Strick sich aber immer wieder seiner Aufgabe entzog. Ihre keltischen Wurzeln verdankt die Gruppe den beiden Brüdern Philip und Jon Odgers, die in Schottland geboren wurden.
* Dt.: „Leck mich am Arsch! Puls meines Herzens! Von nun an ist’s vorbei für uns! Wir sind wahrhaft am Ende!“
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