Liebe Musikfreundinnen und -freunde,
zugegeben, es fühlt sich ein wenig seltsam an: Um uns herum passieren Tausende von Dingen, die eigentlich unser
Engagement erfordern – und wir machen den Folker. Manchmal bin ich mir durchaus der relativen Relevanz meines eigenen Schaffens bewusst und selten stärker als in dem zu Ende gehenden Jahr. Aber was soll’s, wir können uns nicht allesamt mit Haut und Haar unbeugsamen Organisationen wie zum Beispiel Pro Asyl verschreiben, denn unser aller Leben geht schließlich weiter, und das ist nichts, wofür wir uns schämen müssten. Allerdings ist zum einen verstärktes soziales Engagement notwendiger denn je, und zum anderen ist gerade diese Jahreszeit mit dem Weihnachtsgeld für die meisten von uns der richtige Zeitpunkt, die Hilfsorganisationen und -initiativen mit substanziellen Spenden zu unterstützen.
Der Folker zählt nicht zu diesen Vereinigungen, und daher geben wir uns schon zufrieden, wenn unter möglichst vielen Weihnachtsbäumen ein Folker-Geschenkabo liegen würde (ganz leicht mit dem beiliegenden Flyer zu bestellen). Wäre doch auch mal eine originelle Idee, oder? Und ich denke, wir sind das wirklich wert.
Und was sind dem Folker seine Mitarbeiter wert? Finanziell relativ wenig, notgedrungen. Aber wir sind unendlich froh, dass wir sie haben, diese wunderbare Mischung aus genialen Theoretikern und kenntnisreichen Praktikern. An dieser Stelle mal den allerherzlichsten Dank an alle Folker-Menschen, die ihre Arbeit für den berühmten Apfel und das Ei machen und dennoch genau den Enthusiasmus und die Liebe zur Musik rüberbringen, die zumindest für mich diese Zeitschrift so besonders macht. Und falls Sie das noch nicht wussten: Zumindest die Rezensenten erledigen ihren Balanceakt zwischen Wertung und Information sogar völlig ohne Bezahlung! Da schließt sich eine Art Kreis: Was macht der Folker eigentlich mit den unbezahlten „kenntnisreichen Praktikern“? Mit anderen Worten: den Mitarbeitern, die ihr praktisches Wissen etwa als Rezensenten zu unser aller Vorteil anwenden, aber auch selbst musikalisch öffentlich aktiv sind? In der Vergangenheit war das bekanntlich so: XY publiziert ein Album und wir finden in der „Szene“ unter der Überschrift „Neues von den Folker-Menschen“ wohlwollende und freundschaftliche Worte. Offensichtlich also keine Rezensionen, denn wir wollten uns nie und nimmer dem Ruch der Vetternwirtschaft aussetzen.
Aber das kann’s doch nicht sein! Das ist für die Künstler kein Maßstab, eher ein dezent gönnerhaftes „Hast dir wirklich Mühe gegeben!“, mit dem weder Künstler noch Leser etwas anfangen können – |
einfach nur nett. Nehmen wir als Beispiele besonders exponierte Redaktionsmitglieder: den Endredakteur Stefan Backes, überzeugter Mundart-Folkrocker mit Why didn’t they ask Evans?, den „Szene“- und „Ortstermin“-Redakteur Ulrich Joosten, unerschrockener Kämpfer für die Drehleier, die er selbst unter anderem in der Gruppe Gambrinus einsetzt, oder den Rezensionschef Rolf Beydemüller, abenteuerlustiger Gitarrenmeister zwischen diversen stilistischen Stühlen. Alle drei haben einen oder mehrere Silberlinge auf dem Markt, sie sind Künstler wie Niedecken, Liederjan oder Peter Finger. Also sollte der Folker sie auch genau so behandeln, finde ich. Ganz normale Rezensionen, ganz normale Artikel, sicherlich immer mit dem Hinweis auf die Folker-Mitarbeit und ganz gewiss unter besonders sorgfältiger Auswahl der Schreiberlinge unter dem erneuten Stichwort Vetternwirtschaft. Die Folker-Leser sind intelligent genug, aus solchen Infos dann die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Um noch einmal die tatsächlich vorhandene Verbindung zwischen den Folker-Themen und der Flüchtlingsfrage zu betonen: Es gibt keinen besseren Hinweis als den auf den Film von Julia Oelkers, Can’t Be Silent, der nach wie vor deutschlandweit in ausgewählten Kinos läuft und nichts von seiner Dringlichkeit verloren hat (siehe Termine unter cant-be-silent.de). Diese Dokumentation der Tournee von Strom & Wasser mit den Refugees zeigt beeindruckend, dass hier Menschen mit enormen Problemen und enormen Talenten (in diesem Fall musikalischen) zu uns kommen. Geben wir ihnen ein menschenwürdiges Zuhause im umfassenden Sinne des Wortes!
Und nun wünsche ich Ihnen viel Freude mit der letzten Ausgabe des Jahres 2015.
Ihr Herausgeber
Mike Kamp
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