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Editorial

seit Bestehen des Folker haben wir uns intern darauf verständigt, Leserbriefe generell unkommentiert abzudrucken, obwohl es uns ab und an schwer in den Fingern juckt. Die zwei bis drei redaktionellen Sätze unter einem Brief wirken allzu oft wie ein überhebliches „Ätsch, wir sitzen eh am längeren Hebel!“.

Aber dann gibt es ganz selten einmal Briefe wie den von Roland Busche in dieser Ausgabe (siehe Seite 6, vielleicht vorab lesen), da ist eine Reaktion schlicht notwendig, vom Thema „ausländerfeindliche Aktivitäten in Rudolstadt“ sowie vom generellen Tenor her. Damit meine ich weniger die Anschuldigung, dass wir das Thema ignorieren würden, nur weil wir uns nicht in dem Zeitrahmen zurückgemeldet haben, der als ausreichend empfunden wurde. Bei uns gibt es in den seltensten Fällen einsame Entscheider, wir sind ein Team, wir sprechen uns tatsächlich ab, wir diskutieren, wir suchen nach dem besten Weg, und das kann dauern. Damit meine ich auch nicht die fast schon witzige Bemerkung, der Folker würde sich „nicht mehr mit Politik“ beschäftigen. Und das angesichts der Tatsache, dass wir nicht müde werden zu betonen, dass Folk, Lied und Weltmusik ohne einen dezidierten linken politischen Ansatz belanglos sind. Ob wir das umsetzen? Ich denke, die Lektüre einer beliebigen Ausgabe spricht für sich, mal mehr, mal weniger.

Es ist jedoch notwendig, sich zu der Forderung zu äußern, der Folker als (ideeller, also nicht aktiver) Mitveranstalter hätte sich ebenso wie das TFF der Ausländerfeindlichkeit in Rudolstadt und Saalfeld zu stellen. Wirklich? Wie denn? Lassen wir mal die Kollegen des Festivals außen vor, die brauchen uns nicht als ihren Anwalt. Für uns ist das Festival in seiner Vielfalt und seiner Eigenschaft als stolzes Schaufenster der Kulturen ein klares Statement gegen Nazis, Rassismus und generellen nationalen Chauvinismus. Genau dieses Konzept zu unterstützen ist uns seit jeher Aufgabe und Freude zugleich. Zugleich ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, im Rahmen unserer Möglichkeiten und Zusammenhänge im Heft gegen Rassisten und Nazis zu argumentieren, nicht nur in Rudolstadt, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Ignorieren ist nicht. Das Naziproblem in Rudolstadt und Umgebung gab es bereits in den Anfängen des Festivals (siehe auch den TFF-Artikel von Christoph Dieckmann auf den Seiten 28ff.), es existiert an 365 Tagen im Jahr und ist somit in allererster Linie eine lokale Aufgabe wie leider in unzähligen Städten und Gemeinden
MIKE KAMP * FOTO: INGO NORDHOFEN Deutschlands. Das Festival verdrängt diese Tatsache lediglich für wenige Tage, denn die Nazis wissen, dass jede Aktion von den Besuchern unterbunden würde. Das TFF zeigt, dass eine andere kulturelle Einstellung nicht nur möglich ist, sondern spannend und positiv sein kann. Ich wiederhole mich: Gesellschaftliche Missstände und Probleme von Ausländerfeindlichkeit über die grauenvolle Ignoranz des Schicksals von Flüchtlingen im Mittelmeer bis hin zum unverschämten Geheimabkommen TTIP können wir nur im Zusammenhang mit unserem Hauptthema Musik ansprechen. Es ist allerdings unsere Pflicht und Schuldigkeit, das auch tatsächlich zu tun. Ob wir diese Theorie immer adäquat in die Praxis umsetzen oder ob wir manchmal lediglich guten Willen zeigen, darüber können und sollten wir mit der Leserschaft diskutieren, wenn ein Interesse besteht. Leider wohl ohne die Gebrüder Busche. Die haben bekanntlich zum ultimativen Liebesentzug eines Lesers gegriffen, zur Abokündigung. Das bedauere ich ehrlich, nicht nur, weil uns kritische Leser immer willkommen sind, sondern auch, weil sie nun den Fortgang der Sache bestenfalls vom Bahnhofskiosk aus verfolgen können.

Ganz gleich, ob vor der Zugfahrt gekauft, abonniert oder auf einem Festival erworben, ich wünsche informative und unterhaltsame Stunden mit der vorliegenden Folker-Ausgabe.



Ihr Herausgeber
Mike Kamp