Auswahldiskografie:
The Dreamer (Greentrax, 2009)
Endangered Species (Greentrax, 2000)
I Wrote This Wee Song (Live-Do-CD; Greentrax, 1994)
Hard Hard Times (Folk Freak/Wundertüte, 1985)
Scraps Of Paper (Flying Fish, 1983)
Now I’m Easy (Larrikin, 1980)
|
|
Das Private ist politischEric BogleEric Bogle
Hierzulande ist Eric Bogle immer noch so etwas wie ein Geheimtipp, im gesamten englischsprachigen Raum aber sieht das anders aus, da genießt er fast schon Kultstatus. Er schrieb viel gecoverte Antikriegslieder, und kaum jemand hat Australien so genial in Songs eingefangen wie er. Das wohl denkbar größte Kompliment, einen wahren Ritterschlag, bekam er von Pete Seeger, mit dem Eric Bogle seit einem gemeinsamen Auftritt beim Winnipeg Folk Festival in Kanada befreundet war: Der Grandseigneur der nordamerikanischen Folkszene nannte seinen jüngeren Kollegen „den besten Songwriter seiner Generation“. Zeit für eine Würdigung.
Text: Wolfgang König
Bogles unverstellter Blick auf seine Wahlheimat Australien rührt wahrscheinlich auch daher, dass er nicht dort geboren wurde. Seine Wiege stand in Peebles, einer schottischen Kleinstadt südlich von Edinburgh, wo er am 23. September 1944 zur Welt kam. Nach der Schule versuchte er sich in diversen Jobs und war Frontman der Rockband Eric and the Informers. Bei Ostermärschen und anderen politischen Veranstaltungen trat er, angeregt durch seine Vorbilder Woody Guthrie und Alex Campbell, mit ersten selbst verfassten Liedern auf. Aber der große künstlerische Erfolg blieb aus, und schließlich nahm er ein Angebot der Regierung in Canberra an. Das extrem dünn besiedelte Australien suchte Einwanderer, und die sollten nach Möglichkeit aus dem „Mutterland“ kommen, denn es war noch die Zeit der „White Australia Policy“, obwohl es dieses „weiße Australien“ nie gegeben hat. Fünfzigtausend Jahre vor den ersten europäischen Siedlern – zumeist Strafgefangene, die 1788 das heutige Sydney betraten – waren die Vorfahren der Aborigines aus Südostasien gekommen. Nachdem man 1840 Kamele als Verkehrsmittel für Australiens trockene Inlandregionen importiert hatte, wurden Inder und Afghanen geholt, die mit den Tieren umgehen konnten. Der Goldrausch ab 1851 brachte etwa fünfzigtausend Chinesen ins Land. Und als während des Bürgerkrieges in den USA die Lieferungen von Zucker- und Baumwolle nach Großbritannien weitgehend ausfielen, wurde beides im australischen Queensland angebaut, und über sechzigtausend Menschen kamen als Arbeitskräfte vom heutigen Bismarck-Archipel, von Fidschi und anderen Inseln Melanesiens.
Die White Australia Policy versuchte zwischen 1901 und 1973 diese kulturelle Vielfalt zumindest einzudämmen. Und so versprach Australiens Regierung auswanderungswilligen Briten eine kostenlose Überfahrt, wovon Eric Bogle 1969 Gebrauch machte. Anfangs arbeitete er in Brisbane als Buchhalter, aber dann nahm seine Liedermacherkarriere Formen an und er wagte den Sprung in die künstlerische Selbstständigkeit. Seit 1980 kann er von der Musik leben und wohnt mit seiner Frau Carmel am Stadtrand von Adelaide, der Metropole des Bundesstaates Südaustralien.
Fast immer sind es persönliche Erlebnisse, die Eric Bogle dazu bringen, einen Song zu schreiben. Die populärsten sind wohl seine Antikriegslieder „And The Band Played Waltzing Matilda“ und „No Man’s Land“. Ersteres beschäftigt sich mit den Soldaten des ANZAC (Australian and New Zealand Army Corps), das als Teil des britischen Heeres 1915 in der Schlacht von Gallipoli südwestlich von Istanbul eingesetzt und von den osmanischen Truppen vernichtend geschlagen wurde. Ein Gedenkmarsch von ANZAC-Veteranen 1971 in der Bundeshauptstadt Canberra inspirierte Eric Bogle zu dem Song über einen jungen Australier, der in Gallipoli das Grauen des Krieges erfährt und nicht als strahlender Held zurückkehrt, sondern ohne seine Beine.
... mehr im Heft. |
|