Aktuelles Album:
Tamotaït (Glitterbeat/Indigo, 2020)
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TamikrestZurück aus der Wüste
Angesichts der politischen Situation, die in den Ländern der Sahara, aus denen Tamikrest stammen, so brisant und verzweifelt ist, ist Tamotaït mehr als nur ein Musikalbum. Der Titel bedeutet „Hoffnung auf eine positive Veränderung“. Veränderung wie ein Ende der Kämpfe, die den Norden Malis und die gesamte Region seit Jahren plagen.
Text: Olaf Maikopf
Die geistige Heimat des nordamerikanischen Blues ist der glühende Wüstenblues-Sound der Saharavölker. Vor mehr als dreißig Jahren formierte sich dort in den Tuareg-Flüchtlingslagern in Algerien eine neue Musikerszene, die diese alten Formen auffrischen wollten. Bald wurde ihr Desert Blues auch außerhalb Afrikas zu einem viel beachteten neuen Musikgenre.
Tamikrests inzwischen sechstes Album ist das weitläufigste und abenteuerlichste, das die fünf Musiker bisher aufgenommen haben. Mit ihren elektrischen Gitarren erkunden sie hier jeden Winkel ihres Sounds, kooperieren auch mit der renommierten marokkanischen Sängerin Hindi Zahra und reisten sogar nach Japan, um das Saiteninstrument Tonkori des Ainu Oki zu integrieren. Plus diese Innovationen, zu den von ihnen gewohnten Spuren aus Blues, Psychedelia und Rock, bestätigen sich Tamikrest hier als die innovativste Band westafrikanischer Wüstenmusik. „Unsere Musik basiert auf Tradition, dabei sind Instrumente wie die Flöte und die Tuareg-Violine sehr wichtig. Es ist Musik, die von Hirten gemacht wird. Aber unsere Musik, die von Tamikrest, tendiert zur Moderne, wir lassen uns auch von äußeren Einflüssen inspirieren, benutzen moderne Instrumente. All dies ist kein Zufall, wir wollen, dass unsere Musik von vielen Menschen gehört wird. Wir suchen den Übergang zwischen Modernität und Tradition, wollen wirklich eine Brücke zwischen verschiedenen Kulturen schlagen, damit jeder in unserer Musik etwas Erkennbares findet“, erklärt Ousmane Ag Mossa, Gitarrist und Sänger von Tamikrest im Interview.
Die Kindheit und Jugend der fünf Bandmitglieder war vom Bürgerkrieg in ihrer Heimat geprägt, einige verloren Familienmitglieder und Freunde während der Tuareg-Aufstände zwischen 1990 und 1995, in denen die Volksgruppe größere Autonomie einforderte. Als 2006 wieder Unruhen ausbrachen, beschlossen Ousmane Ag Mossa und sein Schulfreund Cheikh Ag Tiglia, sich nicht dem bewaffneten Kampf anzuschließen, sondern stattdessen mit musikalischen Mitteln auf die Anliegen der Tuareg aufmerksam zu machen, und gründeten Tamikrest. Wegen des fortwährend giftigen regionalen Konflikts, bei dem Rebellen und Armee große Teile ihrer Heimatregion kontrollieren, lebt die Band nun seit bald zehn Jahren nicht mehr in der nordmalischen Wüstenstadt Kidal, wo sie 2007 starteten, sondern im algerischen Tamanrasset, in Paris und zeitweise auch entlang der trostlosen algerisch-malischen Grenzgebiete.
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