Auswahldiskografie:
Aufwind (Trikont, 2016)
Nordsüd (Trikont, 2010)
Dreissig (Trikont, 2007)
Das Album – 1978-1998 (Trikont, 1998)
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Das Erbe aus der Enge in die Weite tragenVierzig Jahre Fraunhofer Saitenmusik
1978. In den deutschen Charts erobern sich Boney M. mit „Rivers Of Babylon“, John Travolta und Olivia Newton-John mit „You’re The One That I Want“ sowie Vader Abraham mit dem „Lied der Schlümpfe“ Spitzenplätze. Bob Dylan tourt zum ersten Mal in Deutschland. Und in München gründet sich in der Gaststätte Fraunhofer die Fraunhofer Saitenmusik.
Text: Ulrike Zöller
Die Münchner Gastwirtschaft Fraunhofer hatte sich ab Mitte der Siebzigerjahre zu einem Treffpunkt einer neuen Spezies von Menschen entwickelt, denen Tradition wichtig war, die sich aber nicht der staatstragenden bayerischen Partei verschrieben hatten. Diejenigen, die sich in dem im alten Stil erhaltenen Wirtshaus trafen, waren politisch eher linksgerichtet, trugen lange Haare, aßen aber wie die konservativen Bayern mit Begeisterung den bayerischen Schweinebraten und kamen nach der Sonntagsmesse zum Frühschoppen. Dabei wurde auch musiziert, neben bayerischer Volkmusik Traditionelles aus anderen Ländern, es kamen Folkies, Blueser, Sinti oder Vertreter der neu entstandenen Kleinkunst. Kleinkunst, die außer im Fraunhofer auch im legendären Musikalischen Unterholz, dem MUH, präsentiert wurde und eine unerhörte Mischung bot.
Im MUH las ich zum ersten Mal den Hinweis: „Fraunhofer Stubnmusi angekündigt“. Ein Scherz? Nein. Da spielten vier Musiker mit Gitarren, Hackbrett und Harfe die alten bayerischen und österreichischen Stücke, die ich so gut kannte – mit zwei gravierenden Unterschieden zu den bekannten Saitenmusikbesetzungen: Die Musiker trugen keine Tracht und ergänzten ihre Darbietungen durch irischen und russischen Folk. Sitka Wunderlich hatte sich der osteuropäischen Musik verschrieben, Arthur Loibl, schon damals ein Münchner Original, kannte alte Münchner Lieder genauso wie russische Gesänge. Richard Kurländer spielte mit langem blonden Haar – auch das ein No-Go in der Trachtenszene – engelsgleich auf der Harfe. Ich war fasziniert, ließ kaum einen Fraunhofer-Stammtisch oder MUH-Auftritt aus, um dieses Phänomen weiter zu beobachten. Und um zu trauern, als sich die Fraunhofer Stubnmusi auflöste.
Als ich Richard Kurländer eines Tages in seiner Wohnung hinter dem Fraunhofer, die in den Backstagebereich der Gaststätte überging, besuchte, hörte ich auf der Bühne Hackbrettklänge. „Das ist die Heidi, mit ihr spiele ich jetzt zusammen“, erklärte er. Und mit Heidi Karutz begann die neue Fraunhofer-Ära. Im Duo, Trio, Quartett, Quintett oder zwischendurch auch als Eresinger Saitenmusik musizierten die beiden auf vielen Bühnen, Festivals und Konzerten miteinander. Neben Flöte und Hackbrett sowie Harfe und Gitarre erweiterte sich das Instrumentarium um Zither, Querflöte, Gitarre, Bass, Scherrzither, Streichpsalter und etliche andere von wechselnden Mitmusikern gespielte Instrumente. Mit der Zeit nannte sich die Formation, wenn auch leicht abgewandelt, wieder nach ihrem Entstehungsort: Fraunhofer Saitenmusik.
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