BERTHOLD SELIGER
Das Geschäft mit der Musik – Ein Insiderbericht. Berlin: Edition Tiamat, 2013, 352 S.
ISBN 978-3-89320-180-8, 18,00 Euro
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„Es ist wie immer, nur schlimmer“Berthold Seligers Geschäft mit der MusikEin Kommentar
Keine Sorge, Bücher werden im Folker auch in Zukunft in der dafür vorgesehenen Rubrik besprochen. Berthold Seligers Buch Das Geschäft mit der Musik aber ist eines von solcher Relevanz für die meisten Musikgenres, dass eine einfache Rezension dem Inhalt nicht gerecht würde. Hinzu kommt, dass Seliger ein Talent hat, der Szene Wahrheiten so um die Ohren zu knallen, dass über weite Strecken instinktives Stirnrunzeln angesagt ist. Die Auseinandersetzung mit einem solchen Werk ist eine Balance zwischen Beifall und Bedenken.
Text: Mike Kamp
Berthold Seliger war Agent für diverse Gruppen auch aus dem Weltmusikbereich, zum Beispiel für Bratsch. Die Vergangenheitsform ist korrekt, er schloss seine Agentur Ende 2013 (obwohl er weiterhin Künstler vermittelt), und zwar aus Frustration über die Symptome, von denen er berichtet. Dieses Buch war keine spontane Aktion, Seliger ist bekannt für seine monatlichen Rundbriefe mit Gedanken und Fakten zum Musikgeschäft, die er Interessierten zukommen lässt – oder auch nicht. Wenn man die falschen Fragen stellt, wie Folker-Chefredakteur Michael Kleff, wird man von der Mailingliste gestrichen. Außerdem wurden Auszüge bereits in der Berliner Zeitung, im Freitag und besonders in Konkret veröffentlich, wie Seliger vermerkt. Zwei Blogs auf seiner Website www.bseliger.de sind sozusagen die Fortführung dieses Buches.
Worum geht es? Grob gesagt beschäftigt sich Seliger mit den Akteuren im Musikgeschäft, und er macht das auf seine Art. Kein explizit eigenes Kapitel ist den Musikern gewidmet, was auch richtig ist, denn die tauchen quasi überall auf. Er arbeitet sich ab an der Politik, am Musikjournalismus, an der sozialen Situation im Musikgeschäft, am Sponsoring, an der GEMA, am Copyright, der Tonträgerindustrie und vor allem an der Liveindustrie. Da kennt er sich natürlich am besten aus, das ist sozusagen ein Heimspiel, dort wie in vielen anderen Kapiteln fördert Seliger nicht bis wenig bekannte Fakten zutage, deckt Zusammenhänge auf, nennt Namen. Das ist das riesengroße Plus dieses Buches: Es ist nicht nur unglaublich faktenreich, es ist auch minutiös recherchiert. An einer Stelle zieht er Vergleiche mit Snowden, dem Enthüller, und dieser Vergleich hinkt auch in eigener Sache nicht. Wir ahnten die Bespitzelungen durch die USA, Snowden lieferte die Beweise. Genauso ahnen wir die Machenschaften der Musikindustrie, Seliger sammelt mit enormem Fleiß und präsentiert seine Beweise. Wer ihn diesbezüglich kritisieren will, landet entweder lediglich Zufallstreffer (so schreibt er auf Seite 36 von einem WDR-Chefredakteur, der für die Matinee der Liedersänger zuständig war – Jan Reichow? Chefredakteur?), oder er endet wie Mark Chung, der Ende 2011 einen Copyrightartikel, geschrieben von Seliger für die Konkret, ausgesprochen ausführlich kritisierte und sich im Dickicht der Fakten und Meinungen verlor (http://bit.ly/1yyeiLT).
Gut recherchierte Fakten sind eine Sache, welche Schlüsse man daraus zieht, eine andere, und auch da trifft Seliger meist den Kern, besonders wenn es um das Konzert(un)wesen und die perfiden Ticketingsysteme geht (Seite 91 ff.). Das aber bezieht sich natürlich in erster Linie auf den Rock/Pop-Bereich. Mit dem Massengeschmack lässt sich eben das meiste Geld verdienen, und wir reden von viel Geld. Das liest der Folk/Lied/Weltmusik-Freund mit Staunen, sagt sich dann logischerweise: Wenn das die Bösen sind, dann sind wir die Guten, was aber nur bedingt stimmt, denn die Grenzen zwischen Großgeschäft und Kleinkram sind häufig ebenso fließend wie die Genregrenzen.
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