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Backkatalog   Ausgabe Nr. 4/2018   Internetartikel
»Willie Nelson ist eine amerikanische Institution.«
Willie Nelson

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Auswahldiskografie:

Last Man Standing
(Legacy/Sony, 2018)

Two Men With The Blues
(live, mit Wynton Marsalis; Blue Note, 2008)

Songbird
(Lost Highway, 2006)

It Always Will Be
(Lost Highway, 2004)

Crazy – The Demo Sessions
(Sugar Hill, 2003)

Night And Day
(Pedernales/SPV, 1999)

Teatro
(Island, 1998)

Nashville Was The Roughest …
(8-CD-Box mit sämtlichen Aufnahmen von 1964-1972; Bear Family, 1998)

Spirit
(Island, 1996)

Across The Borderline
(Columbia,1993)

San Antonio Rose
(mit Ray Price; Columbia, 1980)

To Lefty From Willie
(Columbia, 1977)

Red Headed Stranger
(Columbia, 1975)


Cover Last Man Standing


„Man hat uns aussortiert“

Willie Nelsons Meisterwerk mit 85 Jahren

Willie Nelson hat eine hohe Veröffentlichungs­frequenz. Seine letzte CD God’s Problem Child – very funny, Mr. Nelson – ist vor einem Jahr erschienen. Davor hat er auch schon mal zwei oder drei Alben im Jahr veröffentlicht. Die Qualität ist durchgehend nicht schlecht, doch sein neues Album Last Man Standing ist ein Meisterwerk und schlägt alles, was der einstige Country-Outlaw in den letzten zehn Jahren veröffentlicht hat.

Text: Rolf Thomas

Willie Nelson ist eine amerikanische Institution. Als ich vor zwanzig Jahren die amerikanischen Südstaaten von Alabama bis South Carolina bereiste, gab es im amerikanischen Fernsehen Christmas with Willie Nelson zu sehen. Es war Dezember und der Mann mit den Zöpfen machte auch im Smoking bella figura. Mit ihren Idolen gehen die Amerikaner liebevoll um, anders als die Deutschen mit den ihren. Willie Nelson ist bekennender Kiffer, er hat lange Haare, die er vornehmlich zu zwei Zöpfen geflochten trägt, und er wurde zu Beginn seiner eigentlichen Solokarriere in den Siebzigerjahren als Outlaw vermarktet, womit man sich in den Südstaaten nicht nur Freunde macht. Das alles haben ihm seine Fans verziehen und eben nicht nur die. Auch diejenigen, die Langhaarige hassen, Kiffer verachten und Männer mit Zöpfen zumindest befremdlich finden, lieben Willie Nelson.
Nelson ist aber keineswegs mit Zöpfen auf die Welt gekommen. Er wurde am 30. April 1933 in der texanischen Kleinstadt Abbott geboren und konnte sich schon früh für den texanischen Honky-Tonk eines Ernest Tubb und den Western Swing von Bob Wills and his Texas Playboys begeistern. Nach einer Stippvisite bei der amerikanischen Luftwaffe heiratete Nelson zum ersten Mal mit achtzehn Jahren, eine gewisse Martha Matthews. Mitte der Fünfzigerjahre nahm er erste Platten auf, nachdem er in diversen Lokalbands gespielt und sich als Radio-DJ betätigt hatte. Ende der Fünfziger schrieb er bereits später berühmt gewordene Country-Klassiker wie „Family Bible“ oder „Night Life“ mit der unsterblichen Zeile „The night life ainʼt no good life – but it’s my life“.
1960 zog Nelson nach Nashville und wurde schnell zum begehrten Songwriter. „Crazy“ für Patsy Cline, „Funny How Time Slips Away“ für Billy Walker und „Hello Walls“ für Faron Young entstanden. Young war von dem Song übrigens gar nicht begeistert. Ein Lied über Wände? „Was kommt als Nächstes, ein Lied über einen Stuhl?“, soll er geflucht haben. Die zweite Ehe schloss Nelson 1963 mit Countrysängerin Shirley Collie. Ein Jahr zuvor hatte er seinen ersten Majordeal erhalten und ein Duett mit seiner Frau erreichte gar die Country-Top-Ten. Ende 1964 wurde Willie Nelson Mitglied der Grand Ole Opry, ungefähr vergleichbar mit der hiesigen Fernsehshow Zum Blauen Bock, falls sich an die noch jemand erinnert. Aber die Hits blieben aus und es war eine harte Zeit für den damals noch mit einem schneidigen Bürstenschnitt ausgestatteten Nelson. Seine dünne Stimme und die Tatsache, dass er – wie Frank Sinatra – etwas neben dem Beat phrasierte, waren nicht gerade förderlich für eine Karriere in der konservativen Country-Gemeinde. 1970, wieder geschieden, ging er zurück nach Texas. Mittlerweile waren seine Haare lang und länger geworden, er trug Jeans, Ohrringe und machte sich als begnadeter Liveperformer gerade bei jungen Hippies einen Namen. 1973 nahm ihn schließlich Jerry Wexler für Atlantic Records unter Vertrag.
Platten wie Phases And Stages aus dieser Zeit sind Legende, aber der Durchbruch erfolgte erst zwei Jahre später mit dem Album Red Headed Stranger. Die äußerst sparsam arrangierten Songs trafen den Nerv der Zeit, und Columbia Records, bei denen Nelson mittlerweile gelandet war, fuhr eine obskure Werbekampagne unter dem Stichwort „Outlaw Country“, mit der Columbia auch Tompall Glaser, Jessi Colter und Waylon Jennings großmachen wollte. Die Compilation The Outlaws verkaufte sich glatt eine Million Mal und machte vor allem Nelson und Jennings – oder „Waylon & Willie“, wie sie nun gerne genannt wurden – zu Superstars. Es war die erste Country-LP, die eine Platin-Auszeichnung erhielt.

... mehr im Heft.