Auswahldiskografie:
Ne Vous Faites Pas Marins (AEPEM, 2016)
als Musiker: Spondo, Spondo (Masq, 1992)
Bushtucker, Skyscraping (Humbug, 1993)
als Produzent: Paskaal Japhet, Razana (Night & Day, 1994)
Justin Vali, The Sunshine Within (Bush Telegraph, 1999)
Filme: Rambala (1994)
Like A God When He Plays (1997)
Radio: BBC Radio 3, World Routes (5 Folgen, mit Lucy Duran, 2010)
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Von Madagaskar bis IrlandPaddy BushWeltmusikexperte und Instrumentenbauer
Alle, die ab den späten Siebzigern mit Popmusik in Berührung kamen, dürften seine Klänge kennen, wenn auch unbewusst. Sei es die Balalaika in Kate Bushs Hit „Babooshka“, seien es Mandolinen, ein verrücktes Psalterium, slowakische Hirtenflöten oder madagassische Röhrenzithern, die von ihren frühen Alben bis in die Werke der Neunziger auftauchten – all das geht auf das Konto von Paddy Bush, der im Studio seiner fünf Jahre jüngeren Schwester immer dann zur Stelle war, wenn exotische Tupfer gefragt waren. Im schweizerischen Aarau sprach er anlässlich einer Ausstellung über seine größte Liebe, die Musik Madagaskars, und gab bei einer Tasse Tee ein episches Interview.
Text: Stefan Franzen
Paddy ist das mittlere der Bush-Kinder, die alle drei künstlerische Talente offenbaren. Der ältere Bruder John Carder ist Fotograf und Poet, die jüngere Schwester Kate Englands erste und wohl bis heute größte weibliche Popikone. Das Folkrevival prägt ihn mit britischen Traditionals und keltischen Liedern aus dem County Waterford, Land seiner Vorfahren mütterlicherseits. „Musik war und ist bis heute meine einzige Religion. Aber ich habe oft den Glauben verloren und einen neuen angenommen“, flachst er. „In London ging ich auf eine Schule mit vielen Söhnen irischer Einwanderer. Der Fiddler Kevin Burke [später bei der irischen Supergroup Planxty; Anm. d. Autors] war auch dort, und wie er schon mit fünfzehn diese Rolls und Triolen der Fiddletradition aus Sligo spielte, das hat mich komplett umgehauen.“ Beim Versuch, sich die Sligo-Literatur draufzuschaffen, fragt er seine kleine Schwester Kate, ob sie ihn am Klavier begleiten könne. „Aber sie hat sich so arg gelangweilt, immer die gleichen Sachen zu spielen, dass sie rasch anfing, ihre eigenen Songs zu schreiben. So kam sie eigentlich zur Musik.“
Paddy unterdessen taucht tiefer in die Kulturen der Welt ein. Er belegt Seminare bei der Ethnomusikologin Jean Jenkins, entdeckt die bulgarischen Frauenstimmen und studiert Instrumentenbau. Dabei kapriziert er sich auf verrückte Klangobjekte, baut nicht nur eine komplette Serie von Instrumenten aus Filz, die aber eher nur zum Knuddeln waren, wie er sagt, sondern unter anderem auch ein Psalterium, eine Urform des Hackbretts namens Strumento de Porco, das er auf einer Abbildung in einem mittelalterlichen Stundenbuch aus Italien entdeckt. „Ich spazierte an den Docks in London entlang, wo gerade das alte Segelschiff Cutty Sark restauriert wurde“, erinnert er sich. „Als es dunkel wurde und niemand mehr zu sehen war, kletterte ich in den Rumpf und stibitzte ein paar ausrangierte Planken aus Eisenholz. Daraus baute ich die Rückseite des Strumento de Porco.“ Der Resonanzboden aus Teilen des legendären Teeklippers sorgte für einen feinen, kristallinen Klang, wie man in den Songs „Kashka From Baghdad“ und „Egypt“ hören kann, Kate Bushs Annäherungen an den Orient auf den Alben Lionheart und Never For Ever.
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