Rezensionen der Ausgabe 2/2020
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ÁSGEIR Bury The Moon (Embassy Of Music), mit Texten
Ásgeir schafft es mit seiner Musik, Hörer jeder Stilrichtung zu begeistern. Musikalisch im beliebten Indie-Folkpop-Genre angesiedelt, in guter Nachbarschaft zu Arcade Fire und Fink, überraschte Ásgeir bereits mit seinem ersten Album die Musikwelt. Nun erscheint mit Bury The Moon bereits das dritte Werk des sympathischen Isländers. Der Mischung von Folk und Pop mischt Ásgeir einige moderne Dance-Elemente hinzu und reduziert gleichzeitig seinen Gesang ins beinah Minimalistische. Dadurch erzeugt der Isländer eine treibende Wall of Sound, die durch den Einsatz von Bläsern noch verstärkt wird. Gleichzeitig klingt Ásgeir verletzlich und sanft, wie man es vielleicht noch von Ry X gewohnt ist. Ásgeir bleibt sich selbst treu und entwickelt seinen „Island-Dream-Pop“ konsequent weiter. So bleibt auch beim schwierigen dritten Album die Spannung erhalten, ohne dass der Künstler sich einem Wandel unterziehen musste. Ásgeir schafft es mit Bury The Moon, sich als Marke zu etablieren und selbst eine Referenz einer ganzen Stilrichtung zu schaffen. Jenseits von Festivals wie dem Haldern Pop ist Ásgeir nun bereit für den großen Durchbruch. Chris Elstrodt
| COMPANHIA DE CANTO POPULAR Rebento (Sons Vadios), mit portug. Texten u. Infos
Eine Art Supergroup des portugiesischen Folk, neun teils singende Instrumentalisten von so bedeutenden Ensembles wie den Gaiteros de Lisboa, legt hier die Albumtitel-gebende „Saat“ für vielleicht ja mehr Livekooperationen. In den knapp sechzig Minuten gerät man Stück für Stück in recht verschiedene klangliche, stilistische und atmosphärische Gefilde. So fühlt man sich – zumindest beim ersten Hören – zugegebenermaßen ein wenig wie in einem Gemischtwarenladen, der auf kleinem Raum vieles anbieten möchte. Bisweilen klingen die mal akustischer, mal elektrifizierter umgesetzten Songs sogar so, als seien sie gar nicht an einem Ort unter gleichen Studiobedingungen aufgenommen worden. Man hat es halt hier mit einem altersmäßig sympathisch breitgefächerten Verbund zu tun, der mit seinem Kollektivgeist vermutlich jedem seine Stimme und seine Räume geben wollte innerhalb dieser Gruppenarbeit. Eröffnet wird der Reigen der dreizehn Traditionals und Eigenkompositionen recht weihevoll mit José Afonsos vielfach interpretiertem Klassiker „Tu Gitana“. Später trifft ein kurioser, altertümlicher Rap auf Konzertina, Keyboard, Schlagzeug und Geige. Hörer müssen etwas übrig haben für liebevolle Unberechenbarkeit. Katrin Wilke
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CUEJERO Inmerso (GMC Records), mit span. Texten, engl. Textübersetzungen u. engl. Infos
„Bass macht Spaß, besonders wenn mit Flamenco verbunden sowie der Möglichkeit, eigene Stücke in eigenen Arrangements zu präsentieren.“ So oder ähnlich könnte das Motto des in Finnland lebenden spanischen Musikwissenschaftlers und studierten Bassisten Javier Sánchez Pérez lauten, der bereits 2016 mit dem Album Cuejero aufgefallen war. Damals schien das der Titel der Platte, heute ist es wohl der Name der Formation, zu der auch die Finnen Lotta-Maria Pitkänen (Geige) und Toni Jokiniitty (Flamencogitarre) sowie der Chilene Ricardo Padilla (Percussion) gehören. Doch damit nicht genug. In sechs von acht Stücken lässt Sánchez gleich zwölf Bläser sowie E-Gitarre, Drums und zusätzliche Percussion aufmarschieren. Und dann sind da noch gelegentliche Gesänge von Rafita de Madrid und Enrique Bermúdez Piculabe, zwei aufsteigenden Stars der aktuellen Flamencoszene, sowie Gastspiele des ultravielseitigen Maher Mahmoud an der Oud, von Sattar AlSaadi an Ney und Riqq sowie von Beltrán Cubel Gajas an der Bratsche. Eine epische und nie langweilige Mixtur, bei der die Bläsersätze grandiose Harmoniegebäude insbesondere über den arabisch gefärbten Stücken errichten. Ines Körver
| JOOST DIJKEMA Time Thief (Twin Dimension Records)
Der Einstieg ins Album mit flottem Flageolett und Slidetechnik auf der Zwölfsaitigen lässt schnell Erinnerungen an Gitarrenvirtuosen wie Leo Kottke und Michael Chapman aufscheinen. Tatsächlich zählt der in Groningen lebende Joost Dijkema beide zu seinen Einflüssen. Die Fähigkeiten des Niederländers gehen aber über die Gitarre hinaus. Auf den Songs spielt er Flöte, Bass, Schlagzeug und Banjo, und in Sachen Hauptinstrument wechselt er schon mal zur sechssaitigen Akustischen sowie zur E-Gitarre. Seine Virtuosität bleibt kein Selbstzweck, sondern dient den Stücken und deren oft dichter Atmosphäre. Grenzen überschreitet er offenbar mit Lust, da mutet die Gitarre auf „Plastic Seawater“ wie eine Sitar an oder es finden sich Spuren von Renaissancemusik. „Spring Fever“ zieht die Verbindung zu klassischem Folkrock der Marke Fairport, während mit „To Make Us Believe“ eine melancholische Ballade Höhepunkte setzt. Instrumentals wechseln mit Gesangsstücken ab, Dijkemas Stimme passt und wirkt in ihrer Lässigkeit stark knopfleresk. Der Dreißigjährige zeigt auf seinem zweiten Album viel Liebe zu vergangenen Klangidealen, die er perfekt verinnerlicht hat. Vertrautes Gelände mit Wohlfühlfaktor. Volker Dick
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JIGJAM Phoenix (Eigenverlag)
Es ist natürlich nur eine Theorie: Da haben ein paar musikalisch fitte Jungs aus dem irischen County Offaly irgendwann zwischen 2012 und 2014 die Musik der Brüder von We Banjo 3 gehört und waren begeistert. Das können wir auch – und tatsächlich, sie können es! Das Quartett um Leadsänger Jamie McKeogh hat als JigJam seine eigene Version der erfolgsversprechenden Mixtur aus Irish Folk, Bluegrass und Americana gefunden, gelegentliche Soundüberschneidungen mit We Banjo 3 nicht ausgeschlossen. Gitarren, diverse Banjos, Mandolinen, Bouzouki, Harmonika, Dobro, Kontrabass und Fiddle plus sauberer Satzgesang machen ihr viertes Album seit 2014 zu einem Hörgenuss. Diese Musik ist auf beiden Seiten des Atlantiks populär, und die Tourneepläne beweisen das. Wenn man dann noch, wie Hauptsongschreiber McKeogh, mit Songs wie „Tullamore To Boston“ clever das Publikum hier wie dort bedient und ab und zu den Fuß auf das Gaspedal setzt, z. B. bei den Traditionals, dann ist der Erfolg fast schon vorprogrammiert. Aber können muss man schon was, und JigJam können es. Mike Kamp
| LORRAINE JORDAN Send My Soul (Hazellville Music), mit engl. Texten
Kein Hörer und kein Rezensent kennen die genaue Geschichte hinter einem bestimmten Album – und Geschichten stecken hinter jeder CD, die weit über Texte und Musik hinausgehen. Manchmal können wir sie vielleicht erahnen, weil sie un- und unterbewusst mitschwingen. Dies ist Lorraine Jordans fünftes Studiowerk. Nein, die Waliserin mit irischen Wurzeln und schottischem Hintergrund verwöhnt uns nicht mit der Menge, sondern mit der Qualität ihrer Songs, zutiefst persönlich und manchmal die Gesellschaft reflektierend, keltisch gefärbt und mit ihrem ganz eigenen Soul in der Stimme. Jordan hat eine beeindruckende Zahl an musikalischen Kollaborateuren ins Studio geholt, vom Percussionisten Cormac Byrne über den Saitenmann Sean Whelan bis zur Low Whistle des Steafan Hannigan. Und dann die Songs, die man hören muss, weil musikalische Emotionen für die Ohren und das Herz bestimmt sind und nicht für Worte. Höhepunkte sind seltsamerweise zwei Lieder, die mit der Metapher „Fluss“ arbeiten, das wunderbare Titelstück und das packende „The Riverside“. Alles hervorragend produziert von Lorraine Jordan und ihrer Partnerin Debbie Dickinson, und auch dahinter verbirgt sich eine Geschichte von Liebe und Verlust. Mike Kamp
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DAVID KEENAN A Beginners Guide To Bravery (Rubyworks), mit Songtexten u. Infos
Ein junger irischer Musiker, aufgewachsen in Dundalk und Liverpool, sorgt für erhebliches akustisches „Aufsehen“. Folk ist die falsche Kategorie für dieses Debüt. Nur minimalistisch ist der Anteil an Fiddle und Banjo an dieser von Gitarren, Drums, Fender Rhodes und Bass dominierten Aufnahme. Sehr irisch? Ja, es sind die extravaganten, intelligenten Texte und sein Gesang, die hier gefangen nehmen! Mit offenem Herz und Ohr für irische Klassiker wie Samuel Beckett und James Joyce, die hier subtil eingeflossen sind, erzählt Keenan in meisterlichen Lyrics von den Verlierern, von skurrilen Charakteren, deren Wichtigkeit sich allein aus ihrem Dasein, der zufälligen Begegnung auf der Straße, in einer dunklen Gasse Dublins ableiten. Seine begnadete, soulige Stimme erinnert in ihrer Vielfältigkeit, Überschlagen des Stimmtimbres, kunstvollen Momentimprovisationen, dem melodischen Umspielen von Themen an große irische Zeitgenossen und Veteranen wie Liam O’Maonlai von den Hothouse Flowers oder Van Morrison. Wie in Ulysses beherrschen die im so typischen irischen Straßenslang gesprochenen, erzählten, geschrienen Worte die Szene, losgelöst von einer stringenten Message. Gesangstechnisch, musikalisch und sprachlich mitreißend, umwerfend kunstvoll und faszinierend! Johannes Schiefner
| MARIA MAZZOTTA Amoreamaro (Agualoca Records)
In Amoreamaro („bittere Liebe“), besingt die Ex-Sängerin des Canzoniere Grecanico Salentino die Liebe aus der Sicht der Frauen. Das Spektrum reicht von der großen, zärtlichen Liebe bis zu Leid und Missbrauch. Maria Mazzotta bringt mit ihrer Stimme die nötige Intensität auf, diese Themen glaubwürdig rüberzubringen, etwa im abgrundtief tragischen Traditional „Scura Maje“, den Lina Werthmüller in D’Amore e d’Anarchia 1973 bekanntgemacht hatte. Eindrücklich, wie der Madagasse Bruno Galeone mit fast hypnotischen Akkordeonlinien die Kraft des Gesangs unterstreicht. Das Titelstück, eine Eigenkomposition von Maria Mazzotta, ist vielleicht der Höhepunkt dieses gefühlsbetonten Albums. Die Sängerin und ihr Akkordeonist steigern sich darin mithilfe des Didgeridoospielers Andrea Presa sechseinhalb Minuten lang bis zum atemlosen Zenit. Das Lied dreht sich nicht nur um die Heilung der von der Tarantel Gestochenen, sondern um eine Welt, die aus den Fugen geraten ist. Der Salentinerin gelingt es so, traditionelle, leider zeitlose Inhalte mit der Aktualität zu verknüpfen. Ein starkes Album mit einer bewegenden Stimme und einfühlsamer Akkordeon- und Klavierbegleitung von Bruno Galeone. Martin Steiner
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MEJRAM Mejram (Kakafon Records)
Die schwedische Band Mejram („Majoran“) spielt auf ihrem Debütalbum einen ausgefallenen Stilmix aus amerikanischem Country und Schwedenfolk. Auf ihrer musikalischen Reise aus dem europäischen Norden nach Nashville legen sie zudem längere Stopps in Irland und Schottland ein. Amanda Frisk (Mandoline, Piano) mit ihren drei Bandkollegen Jonatan Hansson (Gitarre, Drums), Marcus Fenn (Bass, Bouzouki) und Gabriella Josefsson (Violine) gelingt das Kunststück, Appalachen und Nordsee selbstsicher und kompetent zu verheiraten. In der Single „Erase You“ baut sich das gar zu einer drängenden Emotion auf, die auch von den Dixie Chicks stammen könnte. Kennengelernt haben die vier Hipster sich auf der Academy of Music and Drama in Göteborg. Und etwas Drama muten sie ihren Hörern auch zu, wenn sich ihr mehrstimmiger Gesang mal kammerspielartig für die Kleinkunstbühne beschränkt, mal im üppigen „Kallar Du“ stadiontauglich ausgreift. In der Summe klingt das durchaus anspruchsvoll, eine mutige Vision, die in englischer (fünfmal) und schwedischer Sprache (viermal), einem Instrumental sowie geschmackvollem Artwork artikuliert wird. Martin Wimmer
| NAVARRA I Ljusningen (Kakafonrecords), mit schwed. Texten
Navarra, das klingt spanisch, aber Navarra ist eine schwedische Band, die Inspirationen aus vielen Ländern aufsaugt und dann doch sehr schwedisch klingt. Das erste Stück hört sich nach schwedischem Popfolk an, was natürlich bange Ahnungen weckt. Beim zweiten Stück dann („Der Schnee fällt“) setzt eine sehr schwedische Geige ein (gespielt von Erika Risinger), gesangliche Harmonien bezaubern, wie sie typisch für manche schwedische Gesangsstile sind, und es wird immer schwedischer, vor allem klingt es nach Värmland. Ab Stück drei („Der Vogel“) wähnt sich die Hörerin ehrwürdiger musikalischer Überlieferung gegenüber, aber nix, alle Lieder wurden verfasst von den Bandmitgliedern Arvid Kästel und Sofia Kunze. Die beiden spielen gekonnt mit Motiven aus schwedischen Volks- und Kinderliedern, sie lieben Zungenbrecher, und immer wieder überraschen die Texte, die total von heute sind. Die aus Somalia geflüchtete Frau wird angesprochen und in Schweden willkommen geheißen, der aufdringliche Telefonverkäufer wird mit dem verdienten Spott überschüttet. Ein Album, auf dem musikalisch ungeheuer viel los ist; mindestens die Hälfte der Lieder haben das Zeug zum unvergesslichen Ohrwurm. Gabriele Haefs
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ENRIQUE HEREDIA NEGRI Bolero Solo (Rumorecords)
Gute Flamenco-Pop-Fusionen sollte man nicht nur mit deren einstiger Pionierband Ketama assoziieren, die – kürzlich wiedervereint – leider etwas unkreativ an alte Erfolge anzuknüpfen versucht. Ketamas jüngere Seelenverwandte sind die 1991 ebenfalls in Madrid formierten La Barbería del Sur. Ihre Mitglieder wandeln schon seit den Zweitausendern auf jeweils eigenen Pfaden. So auch der hervorragende, über Flamenco hinaus in Jazz, Tango, Bolero u. a. Latinstilen versierte Leadsänger, der hiermit sein sechstes, doch nicht erstes Boleroalbum vorlegt. Für deutsche Ohren mag der Crooner sehr romantisch klingen. Doch hat der 1972 in eine musiktraditionsreiche Gitano-Familie hineingeborene, mit reichlich Wissen ausgestatte Madrilene in seinem gefühlsintensiven, so fragilen wie energiegeladenen Gesang etwas Unverwechselbares und die Gunst von Publikum und Kollegen. Illustre Gäste wie der Pianist Chano Domínguez und zwei Top-Trompeter – der mittlerweile verstorbene Jerry González und der auch mit Ketama arbeitende Kubaner Manuel Machado –, unterstützen denn auch die superbe intime Duoarbeit von Negri und Pepe Rivero. Dieser schon lange in Madrid lebende Pianist aus Kuba gehört zu den exzellentesten der jüngeren Generation. Katrin Wilke
| POKOŠOVCI L’Udová Hudba Pokošovci 2 (Tradana), mit engl. u. slowak. Infos sowie orig. Texten
Die ländliche Region Osteuropas ist ein unerschöpfliches Reservoir an herausragenden Künstlern und musikalischer Vielfalt. Ein beeindruckendes Beispiel ist die zweite Veröffentlichung des in der Nähe der Hohen Tatra in der Slowakei beheimateten Roma-Ensembles Pokošovci. Die drei Pokoš-Brüder Miroslav, Radoslav und Stanislav, ihr Cousin Vladimir sowie ein Familienfreund präsentieren auf ihrem Doppelalbum einen leidenschaftlich vorgetragenen Einblick in die traditionelle Musik der Slowaken und Roma ihrer Region. Dabei geht es ihnen nicht um die Bewahrung bestimmter Stücke. Vielmehr wollen sie zeigen, wie sie die traditionellen schnellen Tänze und Balladen bis heute auf vielen Hochzeiten, Familienfesten oder öffentlichen Anlässen in den Dörfern lebendig erhalten. Ihr Spiel auf der Violine, der Viola, dem Kontrabass sowie dem Akkordeon ist ein Genuss. Atemberaubend ist jedoch der mehrstimmige Gesang, der für ihre Heimat typisch ist. Um die stilistische Breite der Romamusik zu demonstrieren, haben die Pokoš-Brüder zudem zahlreiche Gäste eingeladen. Während dies auf der ersten CD vor allem hervorragende lokale Sängerinnen sind, wird das Line-up auf CD zwei um das traditionelle Hackbrett erweitert. Ein exzellentes Album sowohl für Liebhaber der Romamusik als auch Musikethnologen. Erik Prochnow
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VEDAN KOLOD Wild Games (CPL-Music), mit kyrill. u. engl. Texten
Das Trio aus dem sibirischen Krasnojarsk hat sich seit seiner Gründung 2005 das Ziel gesetzt, den eigenen Musiktraditionen aus vorchristlicher Zeit bzw. dem Mittelalter nachzuspüren und sie in möglichst authentischer Form wiederaufzuführen. Nach intensivem Quellenstudium in russischen Archiven hatten Tatiana Naryshkina, ihr Bruder Valery Naryshkin und ihrer beider Cousine Daryana Antipova genug Material zusammen für das erste Album, The Tribes. Fünfzehn Jahre später liegt mit Wild Games ihr insgesamt neunter Tonträger vor, der in gewisser Hinsicht an das Debüt von 2005 anknüpft, enthält er doch schwerpunktmäßig wieder mehr Stücke, die die schamanische Musik Sibiriens dokumentieren. Und auch beim Instrumentarium bleibt alles beim Alten. Archaische Blas-, Zupf- und Schlaginstrumente, teils von Valery Naryshkin mit viel Detailkenntnis restauriert oder gar nachgebaut, sorgen für ein außergewöhnliches Klangerlebnis. Wenn der Begriff „historische Aufführungspraxis“ jemals Sinn gehabt haben sollte, dann hier. Alles in allem ist das „Jubiläumsalbum“ von Vedan Kolod erneut ein hochspannendes Dokument einer musikalischen Zeitreise in die Vergangenheit geworden. Und das ganz ohne Zeitmaschine. Walter Bast
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