Rezensionen der Ausgabe 1/2020
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Aus dem hohen Norden bringt der Weihnachtsengel leicht verspätet Geschenke in Form von überragenden Veröffentlichungen. Hier eine kleine Auswahl von Nordic-Folk-CDs, bei denen noch nicht eingelöste Geschenkgutscheine gut investiert sind.
| RANDI TYTINGVAG TRIO The Light You Need Exists (Kirkelig Kulturverksted)
Die nordische Jazzikone behauptet auf ihrem neuen Album erneut ihre Ausnahmestellung. Bereits mit dem Opener „Dance“ erzeugt sie eine Melancholie, die eines Leonard Cohen würdig ist. Die balladeske Bluesatmosphäre trägt das Album, zugleich verbreitet es Hoffnung und Wärme. Gospelanklänge finden sich, regelrechte Countryperlen ebenso, und dennoch klingt das Tytingvag Trio beinah archetypisch nordisch. Chris Elstrodt
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TERJE ISUNGSET Sildrande (All Ice)
Der norwegische Percussionist Isungset zaubert auf Sildrande wieder malerisch avantgardistische Klanglandschaften. Begleitet wird der Künstler erneut von einem Aufgebot an begnadeten Mitmusikern wie Gunnar Halle und Mats Eilertsen. Das Thema des Albums, das „Tröpfelnde“, beschreibt nicht nur Isungsets Lieblingselemente Wasser und Eis, sondern zeichnet musikalisch jede Form von Energie, die – tröpfelnd – vergeudet oder gewonnen werden kann. Chris Elstrodt
| TUULIKKI BARTOSIK Tempest In A Teapot (Nordic Notes)
Aus Estland kommt die bezaubernde Akkordeonvirtuosin Tuulikki Bartosik. Mit samtweicher Stimme und träumerischen Akkordeonklängen benötigt die Künstlerin nicht viel, um auch auf ihrem zweiten Album den Hörer in ihren Bann zu ziehen. Die Sibelius-Absolventin erzeugt mit ihrer leisen Musik eine Wärme, die jeden Winter zu vertreiben vermag. Chris Elstrodt
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UDU Udu (CPL)
Dass nordische Klänge wie der Joik oft die gleiche Hörergruppe haben wie mongolischer Obertongesang, erklärt sich beim Hören dieser CD. Die litauisch-burjatische Kooperation klingt nicht wie eine Melange, sondern wie aus einem Guss. Hier kommt zusammen, was zusammengehört, Sehnsucht erzeugende Steppenklänge, die Einsamkeit, Weite und Spiritualität versprechen. Für jeden Mari-Boine-Fan ein Pflichtkauf. Chris Elstrodt
| ANNE MARIE KIVIMAKI & PALOMYLLY Hämeen Lauluja (Nordic Notes)
Hinter diesem Album versteckt sich die Zusammenarbeit von „Folk-Superstar“ Pekko Käppi, Bassist Rauhala und der finnischen Musikerin Kivimaki. Das Ergebnis ist ein treibendes, raues Album in bester Tradition von Bands wie Värttinää. Musikalisch begleitet uns die Sängerin in die historische Landschaft Häme, aus der auch die meisten Lieder stammen, z. B. ein wunderschönes, viel zu kurzes Wiegenlied. Chris Elstrodt
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MIDGREN SKROBE QUARTEY Rastställen (Gammalthea)
Ein wunderbar filigranes Instrumentalalbum bietet uns das Drei-Generationen-Trio aus Schweden. Mit Geige, Mandola/Gitarre und einer unbeschreiblich sanften Percussion ist Raststätten das optimale Album zum Träumen vor dem Kamin. Dabei begeistern die drei Musiker mit ihren größtenteils traditionellen Melodien sowohl Nordic-Folk-Experten als auch Nicht-Folkies. Chris Elstrodt
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BAYE MAGATTE Kaye Kaye (Brambus Records)
Der „gute alte“ Mbalax, wie ihn in den 1980er-Jahren u. a. Ismaël Lô verkörperte, lebt ausgerechnet in Magattes Wahlheimat Schweiz schwungvoll weiter. Der versierte Percussionist, Sänger und Songschreiber entstammt einer senegalesischen Griotfamilie, singt seine aufmunternden Lieder in Wolof. Tolle Backing Band, für stimmige Arrangements des nunmehr vierten Albums sorgt Keyboarder Paul Oliveira. Roland Schmitt
| BALLAKE SISSOKO & BABA SISSOKO Sissoko & Sissoko (Home Records)
Zwei Cousins und Griots kommen endlich zusammen, würdigen in ihren Liedern ihre Väter (die das malische Nationalorchester mitbegründeten und denen beide folgten), die Großfamilie Sissoko ganz allgemein (vor allem den gemeinsamen Opa Fakoli), werben für Respekt und Frieden. Ballake verzaubert mit seiner Kora, Baba brilliert als Sänger, Ngoni- und Tama-Virtuose. Zeitlose Mandige-Musik vom Feinsten! Roland Schmitt
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DIVERSE Kinshasa 1978 – Originals & Reconstructions (Crammed Discs)
Da hatte der renommierte französische Produzent Martin Meissonnier (u. a. Manu Dibango, King Sunny Ade) eine grandiose Idee, die er mit seiner Erfahrung als DJ auch brillant umsetzt. Sein Landsmann Bernard Treton hielt sich 1978 als Ausbilder beim Radiosender La Voix du Zaire auf, zeichnete Sessions von vier aus z. T. ländlichen Regionen des Kongos stammenden Bands auf, die ihr Glück in der Hauptstadt machen wollten: Konono N° 1, das Orchestre Bana Luyam, Sankayi und das Orchestre Bambala. Auszüge dieser Aufnahmen mit durchweg rhythmischen, anarchischen E-Sounds wurden 1986 unter dem Titel Zaire: Musiques Urbaines À Kinshasa veröffentlicht. Dieses Album ebnete dem als „Congotronics“ bekannten gewordenen Musikstil den Weg. Die eine CD enthält nun die kompletten Originalmitschnitte, die andere die von Meissonnier clever verdichteten Remixe. Roland Schmitt
| NINA OGOT Dala (Hey!Blau)
Der Titel des nunmehr dritten Albums der kenianischen Sängerin und Songwriterin ist Programm: In der Sprache der Luo steht er für „Heimat“, „Zuhause“. Viele Texte beschwören Familie und Freundschaft. Die vielköpfige kenianisch-deutsche Band ist absolut top: satte Bläsersätze, dynamische Rhythmussektion, feiner Chorgesang bestimmen den melodischen Mix aus Benga, Soukous, Reggae und RnB. Roland Schmitt
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BEN MOLATZKI No Way To Go (Cree Records)
In ärmlichen Verhältnissen 1954 in Johannesburg geboren zogen Bens Eltern (und elf Geschwister) zurück nach Namibia. Gesungen wurde in der Familie ausgiebig: Kirchenlieder und traditionelle Songs. In Windhoek als Lehrer tätig, sang er in Clubs seine gefühlvollen Balladen zur Gitarre. Die 1981 aufgenommenen (z. T. zensierten) Folksongs verschwanden im Archiv, liegen endlich – drei Jahre nach seinem Tod – vor. Roland Schmitt
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Das musikalische Vermächtnis der Roma neu entdecken
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DSCHANÈ
Zweimal ist es ihnen erfolgreich gelungen. Eine dritte Lücke können und wollen sie nicht füllen. Das leidenschaftliche Schweizer Ensemble Dschané hat nach über zwanzig Jahren seinen Abschied von der Bühne erklärt. Nach dem Ableben des hingebungsvollen Sängers Riccardo Anselmi 2004 sowie des charismatischen Gründers der Band Andrea Panitz 2016 zwingt eine ernsthafte Erkrankung die Bewahrer des traditionellen Romaliedguts endgültig zum Aufhören. Damit verlieren die Roma gerade in Zeiten wieder zunehmender Anfeindungen eine wichtige Stimme, die die Kultur und Musik der Tsigani im öffentlichen Bewusstsein aufrechterhält. Im Mittelpunkt des Repertoires der zuletzt sechsköpfigen Formation standen Eigenkompositionen von Andrea Panitz in Romanes sowie kreative Interpretationen traditioneller Romalieder, die aus Russland, Tschechien, Ungarn, der Ukraine, Rumänien und Serbien stammen. Neben dem Alltag des fahrenden Volkes thematisieren die Stücke auch ihre bis zur Gegenwart anhaltende Diskriminierung und Verfolgung. So hat Panitz etwa das rapide Verschwinden von Standplätzen für Wohnwagen in der Schweiz besungen. Neben dem Gitarristen umfasste das Ensemble zuletzt die Sängerinnen Lucinka Novotná und Ilsi Muna Ferrer, den Percussionisten Igor Bogoev, den vielseitigen Saiteninstrumentalisten David Aebli, den Bassisten und Tubisten Marc Bantelli sowie den Akkordeonisten Caspar Fries. Trotz Bühnenende lebt die Musik von Dschané weiter. Die Impulsivität und das Feuer der reichen Klangwelt der Roma lässt sich auf ihren drei Alben Romani Gili, O Parno Gras und Pal O Kham sowie dem Livesampler 20 Jahre Sternenkeller (alle CDs im Eigenverlag) entdecken. Erik Prochnow
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