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Ausgabe 6/2019


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 ÁNNÁSUOLO: Muohtačalmmit
ÁNNÁSUOLO
Muohtačalmmit
(Ponca Jazz Records), mit engl. u. samischen Texten


Ánnásuolo ist ein norwegisch-samisches Quintett, benannt nach einem Fischerdorf ganz oben im Norden. Die Musiköffentlichkeit außerhalb des Landes wurde durch die erste Nordic Expo (s. a. Folker 1/2019) auf die Band aufmerksam. Ihre Musik ist eine meist sanfte, manchmal rhythmische Mischung aus samischer Tradition, Jazz, Pop und Electronica und speist sich vornehmlich aus zwei Quellen. Da sind zum einen die atmosphärischen und immer fließenden Kompositionen des Gitarristen John-Kåre Hansen, für die er Gedichte der samischen Ikone Nils-Aslak Valkeapää und Einspielungen von Feldaufnahmen als Grundlage nimmt. Und zum anderen lebt die Musik Ánnásuolos von der Stimme Marianne Penthas, deren einschmeichelnder Gesang durchaus hypnotische Ausstrahlung hat. Ihre Familie sprach noch samisch, wie einige tausend Menschen im hohen Norden, sie selbst jedoch muss sich die Sprache mühsam wieder beibringen. Die Musik, die durch Keyboards, Bass und Drums sowie punktuell durch das Arctic Philharmonic Chamber Orchestra ergänzt wird, hat ihren eigenen Charme und ist deutlich im Hier und Heute angesiedelt. Sehr angenehm und ansprechend.
Mike Kamp
 BELONOGA: Through The Eyes Of The Earth
BELONOGA
Through The Eyes Of The Earth
(CPL-Music)


Ihre Stimme hat etwas Hypnotisches. Man hat das Gefühl, mit ihr auf Reisen zu gehen, durch archaische Kulturen, unberührte Landschaften und die Wunder des Lebens. Belonoga ist ein weiteres Beispiel der unglaublichen Intensität bulgarischer Vokalkunst. Hinter dem Künstlernamen verbirgt sich die Sängerin Gergana Dimitrova, die lange als Solistin mit dem weltberühmten Vokalensemble Le Mystère des Voix Bulgares aufgetreten ist. Auf ihrem zweiten Soloalbum entfacht sie erneut ein Feuerwerk ihres unter die Haut gehenden Gesangs. Die neun zum Teil mit dem Flötisten Konstadin Gentschev geschriebenen Eigenkompositionen überzeugen aber nicht nur durch Dimitrovas Stimme, sondern vor allem durch ihr kreatives musikalisches Arrangement mit Hirtenflöte, Gitarre, Fidel, Percussion, Trompete und Schlagzeug. Belonoga besticht dabei durch eine große Vielfalt. So trifft bulgarische Volksmusik auf Nu Jazz, indische Rhythmen, orientalische Einflüsse oder Folkrock à la Jethro Tull. Ob balladesk oder groovend, Belonoga zieht den Zuhörer vom ersten Ton an in eine musikalische Welt, die tatsächlich aus der geheimnisvollen Kraft der Erde gespeist wird und nur so vor Energie sprudelt.
Erik Prochnow

 BIRKIN TREE with AOIFE NÍ BHRÍAIN: Five Seasons
BIRKIN TREE with AOIFE NÍ BHRÍAIN
Five Seasons
(Felmay Records), mit ausführl. engl. u. ital. Liner Notes


Birkin Tree sind eine schon 1982 von dem brillanten Uilleann Piper Fabio Rinaudo gegründete Irish-Trad-Band aus Norditalien. Schon immer imponierten diese Musiker durch sehr hohe Authentizität und „Transzendenz“ der irischen traditionellen Musik. Jetzt also der Geniestreich, den Sound um die Geige von Aoife Ní Bhríain – eine der wohl weltbesten Geigerinnen zwischen Irish Trad und modern interpretierter Klassik – zu bereichern. Im Trio mit Flötist Michel Ballati und dem gekonnten Gitarren-Backing von Claudio De Angeli fegen die Leadinstrumentalisten wie ein Wirbelsturm durch ihre Tunes. Wunderbar kraftvoll und präzise intonierte, perfekt phrasierte, volltönende Arrangements lassen jedes wahre Irish-Trad-Herz schneller schlagen und die Füße nicht stillstehen. Eine kluge, breitgefächerte Tune-Auswahl tut ihr übriges. Zwischendurch fokussiert sich die Band auf den großartigen Gesang von Laura Torterolo, die ebenso hörbar ihre Vorbilder studiert hat und mit schlafwandlerischer Stimmsicherheit mitten ins Herz trifft. Ein unglaublich gutes Album, das einmal mehr zeigt, wie weit verbreitet und fest etabliert irische Musik heute weltweit ist. Schon jetzt meine Irish-Trad-CD 2019!
Johannes Schiefner
 DIVERSE: Folk & Great Tunes From Norway
DIVERSE
Folk & Great Tunes From Norway
(Nordic Notes), mit kurzen engl. Infos


Auch bei einem Doppelalbum mit einem Querschnitt durch die norwegische Folkszene vermisst man sofort bestimmte Lieblinge – was aber unvermeidlich ist, und die vertretenen Musikerinnen und Musiker lohnen die Anschaffung allemal. Anders als bei vielen ähnlichen Projekten wurde hier die samische Musik nicht ausgelassen (vertreten durch Elin Kåven und den Joiker Vassvik, der seinen Texten gern englische Titel gibt, zum Glück aber auf Samisch singt). Wir begegnen hierzulande bereits Bekanntem – wie der Gruppe Eplemøya Songlag, der Geigerin Annbjørg Lien und dem Gjermund Larsen Trio – und machen spannende neue Bekanntschaften, zum Beispiel die der irisch inspirierten Band Firo mit dem umwerfenden Zitherspieler Øyvind Sandum oder die der Geigerin Johanne Flottrop, die mit ihrer Band Raabygg ein weiteres Mal vertreten ist. Wir hören Gesangs- und Instrumentalstücke, und wenn auch ein seltenes Mal die Frage auftaucht, warum gerade dieses schreckliche Stück auf einer sonst so hervorragenden Kompilation enthalten ist, der Gesamteindruck ist unbedingt positiv. Die große Überraschung ist die eigentlich längst bekannte Band Majorstuen mit ihrer von Knut Hamsun inspirierten langen und lebhaften Ballade „Lensmann Geissler“.
Gabriele Haefs

 CARLO MAVER: Volver – Bandoneon And Flutes
CARLO MAVER
Volver – Bandoneon And Flutes
(Visage Music)


Volver („zurückkehren“), da denkt man an Carlos Gardel, an Tango. Die Reise in ferne Welten und die Rückkehr sind wichtige Themen für Carlo Maver. Der Bologneser kehrte aus Argentinien zurück, wo er bei Dino Saluzzi seine Bandoneon-Kenntnisse vertiefte, und von seinem Wüstentrip in Mali, auf dem er 1.500 Kilometer weit allein von Timbuktu zu den Salzminen von Taoudenni wanderte. Carlos Maver lotet als Musiker und Mensch Grenzen aus. In Volver kehrt er zu seinem Inneren, zu seinen Wurzeln zurück. Sein Tango ist weniger ein Tanz des Körpers als der Sinne. Mit wenigen Tönen schafft der Musiker abwechselnd mit dem Bandoneon und verschiedenen Flöten Klangwelten, die einen umschmeicheln, wegtragen. Maver ist kein Blender, der zeigen muss, wie virtuos er Bandoneon spielen kann. Viel wichtiger ist es für ihn, dass jeder Ton für sich Tiefe erzeugt. Unabdingbar sind die Pausen zwischen den Tönen. Minimal Music könnte man das nennen. Doch Carlo Maver erzeugt keine seelenleere Kunstmusik mit endlosen Wiederholungen. Er offenbart sich mit seinen Tönen und schafft damit eine Klanglandschaft, die tief bewegt. Ein Bandoneon oder eine Flöte, mehr braucht es dazu nicht.
Martin Steiner
 TONY McMANUS & JULIA TOASPERN: Live In Concert
TONY McMANUS & JULIA TOASPERN
Live In Concert
(Greentrax Recordings), mit engl. Infos


Es war Ende 2017 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef, als der Saitenzauberer Tony McManus gebucht war. Seine Jigs und Reels auf Gitarre, das hat was! Ab und zu kam ein wenig überraschend eine junge Dame auf die Bühne und spielte überzeugend Gitarre und Violine und sang auch noch gut. Nett, dachte ich, der Meister gibt dem Nachwuchs eine Chance. Von wegen! Das war der Beginn eines sehr gleichwertigen Duos, denn Julia Toaspern ist eine höchst eigenständige Musikerin (s. a. Folker 3/2018), die einen gleichwertigen Anteil an der Arbeit dieses Duos hat. McManus ist noch nie einer Kooperation aus dem Weg gegangen, wenn sie künstlerisch lohnend war. Das vorliegende Livealbum einer späteren Deutschlandtour ist der erfreuliche Beweis. Die fünf Lieder (beide singen, teils gemeinsam) und die zehn Instrumentals bleiben nicht in keltischen Klischees gefangen. Das Repertoire reicht überdies von Griechenland über die italienische Oper bis hin zu Jazzstandards. Das alles passt und macht richtig Spaß!
Mike Kamp

 RUNRIG: The Last Dance – Farewell Concert
RUNRIG
The Last Dance – Farewell Concert
(Sony Music/RCA), Dreifach-CD


Das war’s dann also. Zwei rauschende und höchst emotionale Konzerte von etwa dreistündiger Länge am 17. und 18. August 2018 vor jeweils 25.000 Fans, mit Stirling Castle im Hintergrund – und 45 Jahre Runrig sind schottische Folkrock-Geschichte. Wo und wie die Fans nun ihre jährlichen Mitsingspektakel abhalten, ist nicht bekannt, aber an jenen zwei Abenden waren sie und die Band noch einmal in außergewöhnlich guter Form (z. B. bei „Every River“). All die ergreifenden Songs wurden noch einmal zelebriert: „Alba“, „Skye“ oder „Loch Lomond“ (da hüpft das Herz des FC-Köln-Fans!), nicht wie üblich als Schlussstück. Diese Ehre blieb der ergreifenden A-cappella-Version von „Hearts Of Olden Glory“ vorbehalten. Malcolm Jones zeigte natürlich wieder, wie erhaben eine E-Gitarre klingen kann, Gründungsmitglied Donnie Munro und der Glasgow Islay Choir durften noch einmal ran, ebenso Freunde der Band wie der Fiddler Duncan Chisholm oder die Sängerin Julie Fowlis. Für die zahlreichen Fans der Band 170 Minuten pure Gänsehaut. Aber es heißt, man soll gehen, wenn’s am schönsten ist. Viele Bands verpassen diesen Zeitpunkt, Runrig haben genau das Richtige gemacht – Respekt!
Mike Kamp
 SHOW OF HANDS: Battlefield Dance Floor
SHOW OF HANDS
Battlefield Dance Floor
(Hands on Music/Proper Records)


Das 18. Studioalbum und die erste Duo-Produktion seit mehr als drei Jahren. Duo-Produktion? Dass Miranda Sykes mit ihrem Kontrabass unverzichtbarer Bestandteil des Show-of-Hands-Sounds ist, werden alle unterschreiben, und jetzt kommt Cormac Byrne hinzu, Percussionkünstler par excellence. Das sorgt für einen volleren Livesound, für den es im Studio Hilfsmittel gibt, die SoH zu nutzen wissen. Daher hat auch Battlefield Dancefloor mit acht Steve-Knightley-Kompositionen und vier Coverversionen erneut einen sehr zeitgemäßen Klang, besonders „Mother Tongue“, eine Kooperation mit dem Dhol-Virtuosen Johnny Kalsi. Das ist spannend und politisch, aber nahe an einer Überdosis Sound. Highlights eines ansonsten wunderbaren Albums (na ja, auf die Ode an ein Regiment in Essex hätten zumindest des Rezensenten Ohren verzichten können) sind die folkige Bearbeitung des Leonard-Cohen-Klassikers „First We Take Manhattan“ und das darauffolgende „Make The Right Noises“, packend interpretiert von Miranda Sykes. Sie singt zwei Songs, ebenso wie Phil Beer, dessen Version von Richard Shindells „Next Best Western“ herausragt. Der Rest ist Steve Knightley und ebenfalls von der Qualität, die wir von Show of Hands gewohnt sind.
Mike Kamp

 TRIO DHOORE: August
TRIO DHOORE
August
(Trad Records)


Mit ihren Melodien erzählen die drei Brüder aus Flandern musikalische Geschichte(n) wie die aus dem Titelstück ihres vierten Albums, das vom Schicksal des Fischers August inspiriert ist, der im 18. Jahrhundert 33 gefährliche Fahrten von Flandern nach Island überlebt. Sieben weitere innovative Instrumentalkompositionen sind auf diesem mit 36 Minuten recht kurzen Album enthalten. Koen, Hartwin und Ward Dhoore haben sich in zehn Jahren gemeinsamen Musizierens mit ihrer Musik, die tief in der traditionellen flämischen Volksmusik wurzelt, verdientermaßen einen Platz in den Herzen ihrer Fans erspielt. Mit verträumt mäanderndem diatonischem Akkordeon, lyrischer DADGAD-Gitarre und meist ohne Schnarre gespielter Drehleier haben sie ihr eigenes musikalisches Idiom entwickelt. Darin stehen ihre akustischen Instrumente abwechselnd im Vordergrund und stützen sich gegenseitig in immer wieder überraschenden Arrangements, die mit dezenten elektronischen Effekten – „synths & soundscapes“, wie die Band es nennt – angereichert werden. Hinzukommen als Gastmusiker Gregory Van Seghbroeck mit Eufonium und Horn sowie Jeroen Geerinck mit Harmonium und Synthesizer, die den wunderschönen Stücken musikalische Farbtupfer aufsetzen.
Ulrich Joosten