Rezensionen der Ausgabe 5/2018
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CARDBOARD FOX Topspin (Eigenverlag)
Die Zwillingsschwestern Charlotte und Laura Carrivick sind schon seit mehr als zehn Jahren feste Größen in der europäischen Bluegrassszene. Als Carrivick Sisters verzauberten sie ihr Publikum regelmäßig durch ihr instrumentales Können an diversen Instrumenten und ihren perfekten Harmoniegesang. Den Zauber üben die beiden aus dem englischen Devon auch im Quartett Cardboard Fox aus. Dabei stehen ihnen mit Joe Tozer ein Magier an der Mandoline und John Breese eine Groovebank am Kontrabass zur Seite. Gemeinsam spielen sie einen modernen Bluegrass, der auf ausgefeiltes Songwriting und feine Arrangements setzt, was nicht heißt, dass die vier ihre Virtuosität verstecken, sie bleibt aber der Musik dienlich und wird nicht zur Zirkusnummer. Die Stücke bewegen sich zwischen Bluegrass, Pop, Jazz und folkigen Versatzstücken ihrer eigenen Tradition. Bereits der Opener „Empty Skies“ kann Tränen der Rührung freisetzen, ebenso das Instrumental „Nelly“. Dass sie aber nicht ausschließlich auf Schönklang setzen, zeigt „Right Swiper“, das ruppig wie ein New-Wave-Zappler daherkommt, aber ein akustisches Gewand trägt. Dieses zweite Album der Band darf rückhaltlos bejubelt werden. Volker Dick
| CLANNAD Turas 1980 (MIG Music)
Radio Bremen holt erneut aus: Veröffentlichung eines Livekonzert-Mitschnitts von Clannad aus der Bremer Uni-Mensa von 1980. Das Ensemble gilt als einer der Wegweiser des Irish-Folk-Revivals, zeitgleich agierend mit Planxty und der Bothy Band. Im Gegensatz zu letzteren, von Virtuosität in der Beherrschung der Melodieinstrumente und Rasanz geprägten Formationen, hatte Clannad einen anderen Fokus. Stimmungsvolle mehrstimmige Gesangssätze von gälischen Songs ihrer Heimat Donegal vor dem Hintergrund filigraner, aber grooviger Gitarren/Kontrabass-Arrangements waren das Markenzeichen der Band, die sich damals zwischen gälischer Liedtradition, Acoustic-Jazz-Elementen und einer luftigen, gitarrenlastigen, entfernt an Pentangle erinnernden Klangästhetik bewegte, bevor sie dann später eher in einen Softpop mit irisch-gälischen Wurzeln abdriftete. Das Vermächtnis dieser Band wird ihre entwicklungsfreudige Frühphase sein, die Alben und Crann Ull gehören zu den Kleinoden dieser Zeit. Obwohl live die spielerischen Schwächen der Band sehr viel deutlicher herauskommen als in den polierten Studioproduktionen, kann man doch mit einer gewissen Wehmut noch einmal alle großen Songs genau dieser lang vergangenen Ära hier versammelt hören. Großen Applaus vor allem für Máire Brennans Lead Vocals und für Ciarán Brennans integrativen Bass! Johannes Schiefner
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DIVERSE Young Trad Tour 2017 TMSA (Traditional Music & Song Association of Scotland), mit engl. Infos
In Schottland vergibt die TMSA seit vielen Jahren in Ausscheidungs- und Finalmanier die Young Trad Awards. Nachher gehen die Sieger gemeinsam mit den meisten Besiegten auf Tour und spielen auch ein Album ein. Die 2017er-Version erschien dieses Jahr und beweist, wenig überraschend, auf welch hohem Niveau die Talente musizieren. Songs und Tunes wechseln sich ab. Das Album, übrigens hervorragend produziert von Anna Massie, zeigt aber auch, dass sich der Nachwuchs keineswegs aus schüchternen Anfängern im Folkgeschäft zusammensetzt. Konzertina-Ass Mohsen Amini etwa spielt in erfolgreichen Bands wie Ímar und hat bereits weitere Awards kassiert. Die gälische Sängerin Kim Carnie hat eine EP produziert und Iona Fyfe tourt mit eigener Band und hat bei den diesjährigen Celtic Connections ihre erste CD vorgestellt. Apropos Fyfe, seit diesem Jahr dürfen sich die deutschen Schottlandfans über eine eigene Young-Trad-Tour freuen, und die Fortsetzung im Februar 2019 steht bereits fest. Mit dabei vom vorliegenden Album u. a. Charlie Stewart (Fiddle) und eben jene Iona Fyfe. Mike Kamp
| EURASIANS UNITY Eurasians Unity (Yellowbird/Enja), mit engl. Texten u. Infos
Fünf Sprachen, sieben Länder, acht Musiker – damit bewirbt die Formation um die Saxofonistin Caroline Thon ihren Erstling. Das ist zwar richtig, doch Multikulturalität ist heutzutage wahrlich kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Spannend ist diese CD aber dennoch aus mindestens zwei Gründen. Erstens hat jeder Musiker des Albums hörbar verinnerlicht, dass es auch ein wertvoller Beitrag zur Musik sein kann, einmal ein halbes, dreiviertel oder gar ganzes Stück lang nicht zu spielen (beziehungsweise zu singen) und stattdessen jemand anderen sich entfalten zu lassen. Deutlich wird dies exemplarisch an den sparsam instrumentierten Intros, bei denen unterschiedliche Musiker im Vordergrund stehen. Zweitens hat nahezu jedes Stück – zumindest gefühlt – epische Dimensionen, und man hat keine Garantie, dass die Musiker einen am Schluss wieder dort absetzen, wo sie einen abgeholt haben. Mal ist es abgeklärt, mal lieblich, mal ist es eingängig, mal so schräg oder geräuschig, dass es fast nervt – aber immer bleibt es über stolze 71 Minuten hinweg so interessant, dass man wissen will, wie diese Collage aus Jazz und Ethnoklängen weitergeht. Ines Körver
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MATTI KALLIO Waltz For Better Times (Marjatta & Kaisa)
Akkordeonmusik aus Finnland – aber kein finnischer Tango. Matti Kallio ist ein Tipp für alle Akkordeonfans, die mal was Neues entdecken möchten. Der 42-jährige in Island lebende Musiker ist in der Szene etabliert. Als Multiinstrumentalist ist er Mitglied der finnischen Folkband Värttinä, er arbeitete mit Björk und spielte für die finnische Rock/Pop-Band Hector. Als vielseitiger Musiker, Komponist und Produzent ist er an über hundert Alben beteiligt. Mit diesem ersten Soloalbum ist ihm gleich etwas Besonderes gelungen. Sein frisches Spiel auf dem Knopfakkordeon hat eine ganz eigene Stimme und seine Kompositionen haben einen eigenen Stil. Die acht packenden Instrumentalstücke strahlen vor Lebensfreude und tänzerischer Leichtigkeit. Wichtig sind seine musikalischen Partner. Petri Hakala lenkt auf der Gitarre oder Mandoline die Musik schon mal ein bisschen in Richtung amerikanischen Bluegrass oder nahe an irischen Folk. Hannu Rantanen gibt dem mitreißenden Akustiktrio einen geerdeten und rhythmischen Gesamtklang. Die Musik ist exzellent aufgenommen. Das wunderschöne Debütalbum von Matti Kallio bietet Spiel- und Hörfreude von der ersten bis zur letzten Sekunde. Udo Hinz
| RICHARD KOECHLI & BLUE ROOTS COMPANY Parcours (Fontastix), mit engl., dt., frz. Texten u. Infos
Solch ein abwechslungsreiches Album gibt es nun wirklich nicht oft. Der Schweizer Gitarrist und Sänger Richard Koechli brilliert hier als Musiker ebenso wie als Songschreiber. Musikalisch werden so gut wie sämtliche Spielarten des Blues geboten, mal elektrisch, mit und ohne Slide, dann wieder auf der akustischen Gitarre und mit schönem Fingerpicking. Und dann auch die Texte – einfühlsam, klug, trotz mancher Schwermut lebensbejahend und immer authentisch singt Richard Koechli auf Englisch, Französisch oder Schwyzerdütsch. „Of em gliche Grond schtah“ ist ein wunderschöner, bedächtiger Slow Blues, mit dem er seinen Eltern ein herzliches Dankeschön sagt. Auch die musikalischen Vorbilder kommen nicht zu kurz. Hier sind in erster Linie zwei Slidegitarristen gemeint. Mit „The Unsung King“ gibt es einen fröhlichen Folkblues, der zu Ehren von Tampa Red geschrieben ist, und „Wing Ding Shuffle“ verwendet als elektrisches Pendant dazu das Riff von Elmore Jamesʼ „Dust My Broom“. Sogar ein irischer Folksong in Begleitung von Violine, Flöte und Uilleann Pipes wird mit „Irish Man“ geboten. Ergänzend zur musikalischen Tiefe bietet die Spielzeit der CD von knapp 80 Minuten viel Raum zur Entfaltung. Achim Hennes
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MARIZA Mariza (Warner Music), mit Texten
„Ich brauche ein Wunder, damit mein Herz wieder glücklich wird“, singt Mariza in „Quem Me Dera“. Die weltweit populärste Fadista wurde mit dem Wunder in Form ihrer Stimme beschenkt. Auch Matias Damásio, der angolanische Komponist des Liedes, konnte ihrem Gesang nicht widerstehen. Jedenfalls haben die beiden neben dem Beruflichen auch privat zusammengefunden. Eigentlich ist die Ballade „Quem Me Dera“ kein Fado. Erstaunlich ist, was Mariza aus Poptiteln und Fados altgedienter Größen wie Jorge Fernando herausholt, wie sie die Lieder zu ihren eigenen macht. Einen entscheidenden Anteil trägt auch Produzent Javier Limón mit seinem glasklaren Sound bei. Zusammen mit dem Gitarristen Pedro Jója, José Manuel Neto auf der portugiesischen Gitarre und dem brasilianischen Cellisten Jaques Morelenbaum sorgt er für einen Klang, der immer durchlässig und filigran bleibt. Fazit: Marizas Stimme hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Derjenige des Albums ist „Quem Me Dera“, da bleibt kein Auge trocken. Martin Steiner
| REG MEUROSS Reg Meuross (Stockfisch Records), mit engl. Texten
Reg Meuross aus dem englischen County Somerset ist alles andere als ein Neuling. Seit Jahrzehnten ist er als gut beschäftigter Singer/Songwriter unterwegs, hat eine treue Fangemeinde, zählt aber interessanterweise nicht zu den Namen, die ganz oben auf den Festivalplakaten auftauchen. Kein Wunder also, dass er für das deutsche Label Stockfisch eine Art Neuentdeckung war. Stockfisch hat sich mehr und mehr zu einem Spezialisten für anglophile Songwriter entwickelt und entschied sich, Meuross die Neueinspielung von zwölf seiner Songs zu ermöglichen. Damit steht dann auch die klangtechnische Qualität außer Frage, ebenso wie hochklassige, abwechslungsreiche Arrangements. Aber was ist Meuross für einer? Jemand zwischen dem Interesse an sozialen Fragen wie Eric Bogle und der Poesie eines Allan Taylor vielleicht. Seine „weiche, hohe Stimme“ (Werbetext) gibt politischen Themen wenig Schärfe, als bescheiden wirkender Mensch dürfte er kaum auf Polarisierung aus sein. Deutlich überzeugender klingt Meuross bei persönlichen Songs wie „I Need You“. Ein erfahrener Songschreiber, der auch in Deutschland seine Fans finden wird, wenn er denn hier tourt. Zu wünschen wäre es. Mike Kamp
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MİZGÎN Lorîn Müzik (KOM), mit kurd. Texten, engl. Übers. u. Infos
Wer im kurdischen Hinterland geboren wird und mit zwei Jahren an Polio erkrankt, kann keine rosige Zukunft erwarten, zumal als Mädchen – es sei denn, man nimmt mutig das Schicksal in die eigene Hand. Das hat Mizgîn getan. Sie schlug sich zu ihrer Schwester nach Istanbul durch und nahm 1994 ihre erste Musikkassette auf, die zum Überraschungserfolg wurde. Viele Kurden hatten fortan ihr Poster in den Stuben hängen. Die Folge: Die Polizei hatte Mizgîn auf dem Kieker, verprügelte sie, kerkerte sie ein. Die Sängerin schlug sich mit einem Zehntagesvisum nach Dänemark durch, wo sie nun lebt und dieses abwechslungsreich instrumentierte Album aufgenommen hat, bei dem ihre kraftvolle, bisweilen opernmäßige Stimme manchmal sehr dominiert. Die Liste der Mitmusiker ist lang und teils beeindruckend. So machen etwa die in der Türkei sehr beliebten Kardeş Türküler sowie der Dudukspieler Ertan Tekin mit. Allerdings hätte man gerne genauer gewusst, wer auf welchem Track nun was spielt. Merken sollte man sich den Namen des Saxofonisten Anders Honoré, der drei Stücke extrem geschmackvoll und mit Schwerpunkt auf Streichinstrumenten arrangiert hat. Ines Körver
| SAWDUST & RUST Leaving A Memory (Tutl)
Bereits bei den ersten Tönen dieses wundervollen altmodischen Folkrockalbums steigt die gute Laune des Hörers und analog dazu die Lautstärke der Heimanlage. Wer amerikanische Singer/Songwriter in der Spannbreite von Gerry Rafferty, Al Stewart und Tom Petty liebt, wird wohlig ein „Endlich!“ seufzen und die Anlage aufdrehen. Mit einem glasklaren Sound, der den häufigen Einsatz akustischer Instrumente besonders zur Geltung kommen lässt, und ausgesprochen gefälligem, intelligentem Songmaterial, insbesondere bei den ersten Songs, kann sich diese Scheibe mit den Klassikern der Siebziger messen. Zugegeben, gegen Mitte der CD klingt ein Song wie „Hurricane“ eher nach einer schmalzigen Scorpions-Ballade als nach Folkmusik. Wie so oft sind auch hier die begnadeten Americana-Künstler nicht aus Amerika, sondern skandinavischer Provenienz, in diesem Fall der Schwede Patrick Rydman und der Musiker Benjamin Petersen von den Färöern. Beide trafen sich auf Grönland, um ihre arktische Version des Soundtracks für eine Fahrt über den Highway Number One zu schreiben. Bei Noisetrade gibt es die starken ersten Tracks übrigens legal kostenlos. Chris Elstrodt
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DIE STROTTERN Waunsd woadsd (Cracked Anegg Records)
Das mit Preisen prämierte Duo genießt in Wien Heimvorteil, und die Szenelieblinge haben sich für diese wunderbare Einspielung mit allseits geschätzten Musikern wie Matthias Loibner an der Drehleier, dem Trompeter Martin Eberle und dem Posaunisten Martin Ptak verstärkt. Jeder der dreizehn Titel wird im Booklet kommentiert, und so kann die Truppe mit Lust an skurrilen Geschichten vollends aufdrehen. Selbst für Dialektunkundige lohnt der Versuch, sich in diese Gegenwelt des Wiener Schmähs hineinzuhören. Belohnt wird er mit der Doppeldeutigkeit des Wiener Humors, auf den sich Die Strottern wie kaum jemand sonst verstehen. Also: „Bleib gesund, denke jeden Tag ans Sterben“, singt Klemens Lendl und lässt daraufhin ein Violinensolo folgen, das die Schwebe hält zwischen Trauer und Jauchzen. Da freut man sich schon auf den Zentralfriedhof. Harald Justin
| RICCARDO TESI & BANDITALIANA Argento (Visage Music)
MAURIZIO GERI Perle DʼAppennino (Visage Music), mit Texten
25 Jahre sind sie schon unterwegs, der toskanische Organettovirtuose Riccardo Tesi und seine Banditaliana. Das sind der Gitarrist und Sänger Maurizio Geri, der Saxofonist Claudio Carboni und, seit Rosas, der piemontesische Percussionist Gigi Biolcati. Nicht ganz rechtzeitig zum Jubiläum von 2017 haben die vier ein Album mit all ihren Stärken herausgebracht. Witzige Uptempo-Nummern zwischen Folk und Jazz wechseln sich ab mit wunderschön gesungenen Balladen und gefühlvollen Instrumentalstücken. Wie es sich für einen solchen Anlass gehört, tragen eine Reihe illustrer Gäste zum der Band eigenen Gesamtklang bei, so die Sängerinnen Elena Ledda, Luisa Cottifogli, Lucilla Galeazzi und Ginevra di Marco, der sardische Trompeter Paulo Fresu und Kepa Junkera am baskischen Percussioninstrument Txalaparta, um nur die bekanntesten zu nennen. Müsste der Rezensent unter dreizehn Juwelen zwei Stücke auswählen, würde er „Polvere Di Gesso“ des viel zu früh verstorbenen Bandfreundes Gianmaria Testa und Tesis Tochter gewidmetes Instrumental „Donna Tita“ wählen. Wer von der warmen Stimme und den Liedern Maurizio Geris nie genug bekommt, sei Perle DʼAppennino ans Herz gelegt. In zehn poetischen Liedern beschreibt der Cantautore das Leben der Menschen und die Landschaften des Appennino Pistoiese. Mit dabei, neben anderen, sind natürlich die Kumpel der Banditaliana. Martin Steiner
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DAN WALSH & ALISTAIR ANDERSON Right At Home – Live At Mount Hooley (White Meadow Records), mit knappen engl. Infos
Zwei Generationen auf einer Hauskonzertbühne, der relativ jüngere Dan Walsh (Banjo, Gitarre, Gesang) und der relativ ältere Alistair Anderson (Konzertina, Northumbrian Pipes). Letzterer ist eine der großen und anerkannten Führungspersönlichkeiten der englischen Szene, der bereits Ende der Sechziger mit den High Level Ranters in Newcastle für Furore sorgte. Beiden Musikern ist gemein, dass sie keine stilistischen Grenzen kennen und das spielen, was ihr Interesse weckt. So auch hier bei dem Hauskonzert vor geschätzten dreißig bis vierzig Leuten, wo die rauen Ecken und die stürmischen Kanten dankenswerterweise nicht rauseditiert wurden. Ziemlich viel Americana für einen Musiker wie Anderson, der in der Musik Northumberlands wurzelt. Könnte man zumindest meinen, aber man genieße einfach mal nur Bela Flecks „Whitewater“, wo sich Banjo und Konzertina hörbar gegenseitig anfeuern. Das ist beiderseitige Spielfreude pur. Die Kombination Banjo und Konzertina mag ungewöhnlich sein, aber hier sind zwei am Werk, die sich was trauen, und das macht Spaß. Mike Kamp
| LUCY WARD retty Warnings (Betty Beetroot Records), mit engl. Texten
Es ist das vierte Album der immer noch ziemlich jungen Lucy Ward aus Derby in England, und sie ist auch ein Dokument ihres kontinuierlichen Reifeprozesses. Das merkt man in erster Linie an dem, was sie ihr Hauptinstrument nennt, am Gesang bzw. an ihrer bemerkenswerten Stimme. Folgende Attribute fallen sofort ein: expressiv, sensitiv, temperamentvoll, dunkel, geheimnisvoll, packend – und das ist nur eine Auswahl. All das war schon immer in ihrem Gesang zu hören. Wie sie jetzt jedoch all diese Facetten punktgenau einsetzt, das hat schon was. Aber auch die Songwriterin ist gereift. Clever, wie sie mit drei eigenen Songs einsteigt und dann mit drei nicht traditionell klingenden Traditionals punktet (großartig „Maria Martin“ in voller Bandbesetzung), um sich mit drei weiteren Eigenkreationen zu verabschieden. Die Band ist kraftvoll und Ward würde gerne häufiger mit ihr auftreten, wenn es denn die Finanzen erlauben würden. Aber eigentlich braucht sie mit Gitarre, Konzertina, Ukulele und besonders ihrem Gesang die Band nicht zwingend. Allerdings, was wäre „Lazy Day“ ohne die swingende Band? Das Stück ist schlicht die beste „Über-30-Grad-Hymne“ seit dem faulen Sonntagnachmittag der Small Faces! Mike Kamp
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