PLATTENPROJEKTEs gibt im Musikbereich immer wieder Veröffentlichungen, die den Rahmen herkömmlicher Produktionen inhaltlich wie vom Umfang her sprengen und deshalb einer ausführlicheren
Betrachtung bedürfen, als dies in Form einer üblichen Rezension geleistet werden kann. Die Folker-„Plattenprojekte“ widmen sich in loser Folge
solchen außergewöhnlichen Serien, Boxen, Sammlungen, Sondereditionen bis hin zu vergleichbaren Unternehmungen wie etwa Internetprojekten, die auf physische Tonträger inzwischen zunehmend verzichten.
In diesem Heft schreibt Kai Engelke über
Bettina Wegner, Was ich zu sagen hatte – 120 Lieder aus 50 Jahren
„Bettina Wegner? Das ist doch die mit ‚Sind so kleine Hände‘, oder?“ Ja, das ist sie, aber dennoch wäre es völlig verkehrt, den immensen Liederreichtum der bekanntesten Liedermacherin Deutschlands auf dieses eine, sicherlich am weitesten verbreitete Werk festzulegen. Ihre Themen und Anliegen sind außerordentlich breit gefächert. Das Spektrum erstreckt sich von absolut privat, leise und zärtlich, wehmütig und traurig bis hin
BETTINA WEGNER Was ich zu sagen hatte – 120 Lieder aus 50 Jahren (Anar Musikverlag, LC 51344, bettinawegner.de)
5 CDs, 120 Tracks, CD 1: 67:08, CD 2: 59:29, CD 3: 65:42, CD 4: 59:11, CD 5: 66:52
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| zu weltpolitisch umfassend, laut und fordernd, anklagend und entlarvend. Sie vertritt Standpunkte, bezieht Stellung, mischt sich ein, schaut nicht weg, hat Botschaften.
Viele ihrer Melodien kommen eher schlicht daher und stellen gerade durch ihre vordergründige Einfachheit verstärkt die Inhalte in den Vordergrund. Eindrucksvoll sind die Lieder, die sie lediglich mit ihrer ausdrucksstarken Stimme und ihrer Gitarre vorträgt. Daneben hat sie immer wieder mit virtuosen Künstlerpersönlichkeiten zusammengearbeitet, die mit ihrem Können für ein außerordentlich hohes musikalisches Niveau sorgten. Als Beispiele seien genannt: Konstantin Wecker, Angelo Branduardi, Karsten Troyke sowie die formidablen Gitarristen Peter Meier aus Bayern und Jens-Peter Kruse alias El Alemán aus Berlin. Die musikalische Bandbreite erscheint immens. Natürlich ist Bettina Wegner in erster Linie eine Liedermacherin, aber außerdem sind folkige Klänge oder Volkslieder zu hören, und manche ihrer Songs können eindeutig als Chansons bezeichnet werden. Auch Tango-, Blues- und Jazznuancen sind erkennbar, sie interpretiert gefühlvoll jiddische Lieder, und es gibt – nicht jeder würde das erwarten – erfrischende Ausflüge in rockige Gefilde bis hin zu rotzigem Punk.
Nun hat sie ihr siebzigstes Lebensjahr vollendet und – quasi als Resümee ihres Lebenswerkes – eine aufwändig gestaltete 5-CD-Box zusammengestellt. Tatkräftig geholfen hat ihr bei diesem engagierten Projekt der durch seine eindringlichen Interpretationen jiddischer Lieder bekannt gewordene Sänger Karsten Troyke. Die ursprüngliche Anregung, eine Werkschau zu präsentieren, kam übrigens vom Conträr-Labelchef Rolf Limbach, erschienen ist die Box allerdings in Bettina Wegners eigenem Musikverlag.
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